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Sitten und Gebräuche. 45
in die Küche, um das Kraut zu salzen. Auf einen mit Kraut angefüllten
Teller wird dabei meist eine mit Draht durchgezogene große Wurst gelegt;
die Braut mit der Brautmutter salzen nun das Kraut und legen auch ein
Trinkgeld hinzu, welches dem Küchenpersonal zugedacht ist. Die Versam-
melten heginnen nun die Wurst zu essen, was aber nicht leicht von statten
geht. Hierauf begibt sich alles zum Hochzeitsmahle.
Wieder ist es nun unser Ilochzeitslader, welcher den weiteren Ver-
lauf der Hochzeit in seiner Hand hält und denselben geschickt weiter-
führt, so dass Trinksprüche, Musik und Festreden entsprechend abwechseln.
Die Hauptsache aber kommt erst. Nachdem sich schon viele Gerichte
gegenseitig den Platz abtraten, kommt endlich das langersehnte „Bratl" ,
dessen Erscheinen bei großen Hochzeiten auch durch Pöllerschüsse kund-
gegeben wird. Hierauf steigt der Hochzeitslader auf einen Stuhl und reci-
tiert von dieser Thronhöhe einen Spruch zu Ehren des verehrten Braut-
paares und der Brautmutter den Gästen hernieder, begibt sich hierauf auf
seinen Platz und bringt sein Glas den Brautleuten, der Brautmutter u. s. w.,
wobei jeder Trinkspruch von der Musikhande mit einem kräftigen Tusch
hegleitet wird.
Der Spruch, welcher recitiert wurde, lautet folgendermaßen :
„I bitt meine liab'n Hochzeitsleut,
Um an kloan Geduld und Aufmerksamkeit!
Heut um Mitternacht hat mir der Engel die Botschaft bracht;
Auf oamal fallt mir ein, dass 'n N. N. sein' Hochzeit soll sein.
Da wünsch' i ihm an groß'n viereckig'n Tisch,
Und bei jed'n End oan brot'nan Fisch:
In der Mitt'n a Flasch'n Wein;
Da soll der Herr Bräutigam mit seina vielgeliabten Braut lustig und fidel sein.
Dann wünsch i Ihnen Glück und Segen
Durch Ihr ganzes Leben und oan Binkel Geld daneb'n.
Die Thaler soll'n sich z'reit'n und a Stuab'n voll Kinder,
Am Boden ob'n a a Haufn; ban Fenster soll'ns außiguck'n ;
Das wünsch i Ihnen zu einem glückseligen, heil'gen Ehestand!"
Die letzten Accorde der Musik sind verklungen und der Hochzeits-
lader geht nun mit einer Tasse zu den Brautleuten, um das Spielgeld für
die Musikanten einzusammeln. In erster Linie ist es die Braut, welcher es
gebührt, den Anfang zu machen. Ihr schließen sich der Bräutigam und die
Brautmutter an. Vor dieser muss unser Hochzeitslader einen Spruch
sagen, der in folgenden Zeilen seinen Ausdruck findet:
„Jetzt bini herüba g'rathen und wer frag'n: was dieBrautmuater wird sag'n:
A lustiga Bua bin i mei Lebtag g'wes'n;
Bei jed'n Wirt auf da Thür könnt's mi abales'n.
Jetzt is ma nix übri bliabn, als a Bucklkorb: —
Da geh' i noch Untasteier und kauf ma Hähnl und Hauna;
Wia i dos hob banaunda, bin i aufa groast bis Niklasdorf.
Im Lärchenwald'l hob i mi ausg'ruaht.
Da ist a Schock Schneck'n daher krocli'n.
Die hob'm mi mit meini Hähnl und Hauna in d' Mim obi g'stoch'n.
Bin oarm banaund!
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918