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Sitten und Gebräuche. 47
Nun kommt der Gastwirt und sagt an, was ein jeder Hochzeitsgast
zu weisen, zu zahlen habe und geht dann das Geld mit dem Teller ab-
sammeln. Da und dort kommen hierauf wohl auch die Köchinnen und
sammeln mit Kochlöffeln unter allerlei Scherzen ein Trinkgeld ab.
Während sich nun die Brautleute und die älteren Hochzeitsgäste
nach Hause begeben, tanzt das junge Volk noch tapfer bis in den hellen
Tag hinein und lässt sich sodann von den Spielleuten noch heimblasen
oder heimgeigen.
Am Namenstage eines reicheren Bauers stellt sich nicht selten ein
witziger Bursche mit einem Glückwunsch in Anwartschaft auf ein Geschenk
oder „gut Speis und Trank" ein, und wir werden in diesem Gratulanten
ohne Zweifel unseren Hochzeitslader, den Schalksnarr der Gegend, zu suchen
haben. Sein Spruch wird etwa lauten (aus der Gegend von Schöder hei
Murau) :
„Hennt Nacht um Mitternacht hat mir der Engel die Botschaft bracht.
I roat hin, i roat her, was das für a Botschaft war,
Endli fallt's mir ein, dass Euer Namenstag soll sein.
Zan Bnaiidguat wünsch i an goldenen Tisch,
Af jed'n Eck an bachenen Fisch,
In da Mittn a Flasch'n Wein — das soll Euer Buandguat sein.
Dann wünsch i a lange Stiegn, af jeder Staffi a Wiagn,
Und überall a Kind drein, das soll auch a Buandguat sein.
Dann wünsch i an großn Stadl voll Ochsn mit broate Buckl und lange Bachn
(Hintertheil),
Dass sie die Stallthürn alle weiter miiassn machn.
Dann wünsch i an großn Stadl voll Ifüah
Und a niadi Kuah 2 Kälba und an niads (jedes) Kaibl a Stier,
Dann könnts Ös alle Tag trinken Wein oder Bier.
Dann wünsch i noch an groß'n Stall voll Sau nnd a Glück dazua,
Aft habt's von Hinwerd'n a a Ruah.
Wünsch an groß'n Stall voll Schaf mit langer Wolln,
Dass d' Weiberleut mit'n Schuren das ganze Jahr net kinnen g'folgn.
Wünsch an groß'n Stall voll Goas, braune und mitunter ane roatn (rothe),
Aft mög'n sie die Milch af da Rindl (Rinne) ins Haus eine loatn.
Hirz wünsch i a groaße Steig'n voll Ilean (Hühner) und a jede Henn soll alle
Tag zwoa Oa leg'n,
So groß, dass es not kinnen aufdaheb'n.
Gott soll Enk beschütz'n vor all'n Unglück, vo da Feuersbrunst und Viehkrankheit,
Und soll Enk einführ'n za da ewig'n Seligkeit.
A niada Mensch hat an Namenstag, is angeordnet von Gott,
Auf dass er sich erinnere af seinen Tod.
Lebt der Mensch wie Er will, — so wird er belohnt nach seinem Lebensziel.
Lebt Ihr in Kummer, Kreuz und Leid'n,
So wird's auch belohnt werden mit die himmlisch'n Freud'n.
Nun zum Schluss wünsch ich Euch 30 Pöllerschuss und die Schuss soll'n bedeut'n
Af Eurer letzten Sterbstund, wies Enk werd'n in Himmel begleit'n.
Dann wünsch i Euch a g'sundes und langes Leb'u,
Das soll Euch Gott vom Himmel zan an Buandguat geb'n.
Vivat Hoch! - Er soll leb'n!" -
Wenn jemand gestorben ist, kommen alle Abende bis zum Begräb-
nistage heim Dunkelwerden Leute aus der Nachbarschaft zur Todten-
vache ins Sterbehaus und verbleiben dort zwei bis drei Stunden. Es wird
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918