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ScMusstetrachtungen. Cl
Schlussbetrachtungen.
Fassen wir schließlich alles zusammen, so finden wir im steirischen
Oberlande, in der ehernen Mark, ein von der Natur überreich bedachtes
Land, welches in seiner Berge Schoß als unerschöpfliche Schätze die
Lebenselemente der modernen Industrie, Eisen und Kohle, und dazu das
unentbehrliche würzige Salz birgt; dessen wasserreiche Flüsse und Bäche
aher an verödeten Hammerstätten vorüberrauschen, herrliche Alpenthäler mit
lauschigen Gehirgswinkeln, mit allen Einrichtungen für einen regen Fremden-
verkehr und prächtige grüne Alpenmatten mit den besten Viehherden — Alles
aber zumeist auf einer stagnierenden Stufe überlebter Wirtschaftssysteme.
Wir finden ein wackeres, höherer Cnltur leicht zugängliches Volk, aus welchem
Männer von der Bedeutung des Volksdichters Rosegger, des geistvollen
Kunstkritikers Hans Grasberger, des in ganz Scandinavien bis Island hinauf
gefeierten Forschers neu- und altnordischer Sprache- und Culturverhältnisse,
J. C. Poestion, des weit bekannten Naturforschers Guido Schänzl (Abt von
Admont), des nicht minder durch seine Erdbebentheorie bekannt gewordenen
Forschers Rudolf Falb, des berühmten Ornithologen Blasius Hanf, des
sinnigen Dichters Pollhammer und des genialen Tragöden Sommerstorff
nur in den letzten Jahrzehnten hervorgegangen sind, und zwar zumeist aus den
unteren breiten Schichten des Volkes, welches aber bei seinem zähen Festhalten
am Hergebrachten noch nicht jene Wandlungen vollzogen hat, welche der Zeit-
geist seit dem Versiegen der alten Erwerbsquellen und der Änderung aller
wirtschaftlichen Verhältnisse unerbittlich fordert, um eine neue Grundlage
des Volkswohlstandes, welcher sich allein auf rationeller Pflege der Land-
wirtschaft in allen ihren Erwerbszweigen aufbauen kann, vorzubereiten.
Wie der Hochofenbetrieb von der Concnrrenz unerbittlich gezwungen
wurde, die seit vielleicht tausend Jahren angewandte Holzkohlenfeuerung
durch die Steinkohlenfeuerung zu ersetzen und die uralte Sensenindustrie
den stets zur Sensenerzeugung benützten Gärbstahl dem Tiegelgussstahl
opfern musste und somit mit den altvererbten Grandlagen der berühmten
steirischen Eisenindustrie gebrochen werden musste, nm diese denn doch
lebensfähig zu erhalten, so wird auch der obersteirische Bauer und sein
Gesiude, dessen opulente Lebensweise einen unverhältnismäßig großen
Theil des Wirtschaftsertrages aufzehrt, den wirtschaftlichen Wandlungen
und dem Geiste der neuen Zeit durch Brechung mit vielen alten Ge-
pflogenheiten und Anbahnung eines rationellen Wirtschaftsbetriebes, durch
Veredlung und Verfeinerung der Erzeugnisse Rechnung tragen müssen, um
seine naturgemäße Stellang als Grundstock des Volkswohlstandes
zu behaupten. Im weiterer Folge des neuen Kreislaufes der Dinge werden an
den Linien des weitverzweigten Eisenbahnnetzes wieder neue Industriestätten
sich entwickeln, die durch Pflege einer besonderen Specialität von
Erzengnissen lehens- und concurrenzfähig bleiben können, und die Zeit
ist vielleicht nicht mehr ferne, wo bei den zahlreichen Bergbauen, die in
keiner Weise erschöpft, nur durch zeitweilig ungünstige Concurrenzver-
hältnisse zum Erliegen gekommen sind, wieder das fröhliche „Glück auf" des
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918