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109 Gebirge Ober6teiermarks.
eines Wasserfadens anvertrauen kann. Einen wesentlich anderen Charakter
hat das n. Kalkgbirge. Statt Erhebungsmassen, die nur durch mehr
oder weniger tiefe Einsattelungen von einander geschieden sind, finden sich
hier Gruppen, die nicht allein durch tiefe Einsattelungen, sondern auch
durch kleinere und größere Thäler getrennt und von einander gespalten
sind. Während diese Gruppen im W. unseres Oberlandes mehr plateau-
förmigen Charakter haben, zeigt sich in ö. Richtung das Kalkgebiet stock-
förmig gegliedert. Der größte Gegensatz zwischen Ur- und Kalkalpen tritt
in der Beschaffenheit der oberen, höher gelegenen Stufen hervor. Aus den
oft mit üppigem Pflanzenwuchs bedeckten unteren Stufen und Vorbergen,
ans Thalhängen, die oft mit dichtem Walde bestanden sind, steigt allmählich,
zuweilen auch ganz unvermittelt, eine Bergwelt empor, die ans bleichem,
kahlem Kalkgestein bestehend, ein durchwegs kantiges, zerrissenes Formen-
detail aufweist. Neben mauergleichen, gigantischen Felswänden, an denen
kein Hälmchen haftet, steile Hänge voll ausgewaschenem Steingeriff neben
scharfen Kämmen und Graten voll Gezack und Gehörn, öde weite Hoch-
flächen, die das Bild schroffer Zerrissenheit zeigen. Solchen regellosen
Formen entsprechend, ist auch die Thalbildung eine verworrene. Die Unbe-
stimmtheit der Thalläufe wird namentlich in den höher gelegenen Stufen
immer größer, wo man an vielen Stellen endlich nur Labyrinthe von
Höhen und Tiefen trifft, ein Gewirre von kolossalen Spalten und Klüften,
Kesseln, Wällen, Buckeln und Löchern. Charakteristisch ist endlich auch
die Quellenarmuth der Kalkalpen ; eine Erscheinung, die durch die Gesteins-
art, den Hohlbau des Kalkes ihre Erklärung findet.
Im allgemeinen fällt das Kalkgebirge steiler auf der S.-, als auf
der N.-Seite ab. Die höchste Erhebung, nicht allein im Kalkgebiete, sondern
im ganzen Alpengebiete der Obersteiermark, bildet der Dachstein mit
2996 m, und der Contrast zwischen Urgebirge und Kalkgebirge tritt am
schärfsten hervor in der Nähe von Schladming, wo die Bergfüße der beiden
in Gestalt und Bedeckung so verschiedenen Formationen nur durch das
Flussbeet der Enns von einander geschieden sind.
Gl iederung der Kalkalpen.
Die obersteirischen Kalkalpen, zur Zone der österreichischen Kalk-
alpen (Nördlichen Alpen) gehörig, betreten mit der Dachsteingruppe,
einem ausgedehnten, sterilen Hochplateau, unser Kronland. Nur der kleinere
Theil, der in den höchsten Stufen mit Firnfelder bedeckten Hochfläche
gehört dem Oberlande an. Die österreichisch-steirische Landesgrenze läuft
zwar über die höchsten Erhebungen des Dachsteingebietes, durchschneidet
dasselbe aber derart, dass nur der Edelgries Gletscher innerhalb unseres
Gebietes zu liegen kommt. Das Plateau ist von steilen Randabstürzen
umgeben und fällt besonders die s.-steirische Seite in kolossalen Felsmauern
ab. Am Außenrande der Hochfläche erheben sich selbständige Kuppen,
von denen die Scheichenspitze mit 2662 m und der Rettenstein mit 2245 tn
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918