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164 Krieglach.
besonders erwähnt: Waldheimat, Schilderungen der Jugendeindrücke des Dichters,
Die Älpler und Volkslehen in Steiermark, prächtige Schilderungen der Charaktere
der Gestalten des Volkes der Alpen, ihr Haus und Heim, ihr Leben in Freud uud
Leid, voll Humor und Gemüth, voll fesselnder Detaildarstellung bei immer origineller
Sprache. Von entzückender Schönheit ist auch die Dichtung „Heidepeters Gabriel"
in ihrer schlichten Sprache, voll wunderbarer Naturbeobachtung und weihevoller
Stimmung, Das Hauptwerk Roseggers bilden jedoch die „Schriften des Wald-
schulmeisters", in welchen der Dichter die Entwickelung einer kleinen, in einen
verlorenen Waldwinkel verschlagenen Gemeinde, das Wirken des Waldschul-
meisters und den Hereinbruch neuer Zeiten in einem ergreifend tief angelegten
Charaktergemälde, in welchem alle handelnden Personen scharf individualisiert
werden, schildert. Ebenbürtig zur Seite stehen diesem Meisterwerke des Dichters
die Werke: „Der Gottsucher" und „Jahob der Letzte", zwei großartig angelegte
Tragödien aus dem Leben der Älpler, voll markige Charakterschilderungen, wovon
das erste Werk die im Jahre 1493 in Tragöss erfolgte Ermordung des Pfarrers
durch einige Bauern in freier Behandlung als Motiv benützt, während im zweiten
Werke der Niedergang des bäuerlichen "Wohlstandes geschildert wird. Von größtem
Interesse ist auch das jüngste Hauptwerk des Dichters: „Martin der Mann" durch
seine großartig angelegten Naturschilderungen und die geistvollen Versuche eine
Reihe geschaffener schwieriger psychiologischer Probleme zur Lösung zu bringen.
Außer diesen und anderen selbständigen Werken, die mehr oder minder
in nahezu alle modernen Sprachen übersetzt wurden, erschienen von Rosegger
zahllose Feuilletons nahezu in allen wichtigen deutschen Wochenschriften und
in vielen Tagesblättern, sowie auch die bekannte belletristische, im ganzen deutschen
Sprachgebiete verbreitete Monatsschrift „Der I le imgarten" (bei Leykam in
Graz erscheinend), dessen Hauptmitarbeiter Robert Hamerling war, 1875 von
Rosegger gegründet und seither unter seiner Hauptmitarbeiterschaft von ihm
redigiert wird. Rosegger ist zugleich auch ein vortrefflicher Vorleser und hält
außer den zahlreichen zu wohlthätigen Zwecken in den verschiedensten Orten
Österreichs veranstalteten Vorlesungen, jährlich in den größten Städten Mitlel-
und Norddeutschlands eine Reihe von Vorträgen seiner Dialectdichtungen.
Rosegger hängt mit echt deutscher Treue an seinem Volke und mit größter
Liehe an seiner Heimat. Mit offenem Mannesmuth gibt er stets seiner inneren
Überzeugung oft in sarkastischer Weise Ausdruck, wie er auch die Missstände
der Zeit bei dem Städter, wie beim Bauernvolke in gleicher Schärfe geißelt.
Unser trefflicher Hans Grasberger nennt Rosegger den größten Humo-
risten der deutschen Alpenwelt , und in der That liegt das Geheimnis
des außerordentlichen Erfolges seiner Schriften insbesondere in dem unver-
gle ichl ichen goldigen Humor, der völlig ursprünglich von Rosegger aus
der Tiefe des Volkslebens geschöpft wird, und dieser im allgemeinen immer ge-
müthsvolle, herzerquickend milde Ilumor stellt eine auffällig enge Wahlverwandt-
schaft Roseggers mit Defregger her, welcher ja gleichfalls in den engen Rahmen
der Sennhütte und der Bauernstube in unerschöpflicher Fülle seine reizvollen,
immer originellen Bilder erstehen lässt und sie durch unvergleichlichen Humor
zu beleben und unserem Gemütlie nahezubringen weiß. Und gerade so wie ein
Defreggerbild unter hundert anderen, den gleichen Stoff behandelnden Bildern am
ersten Blick als Werk des tiroler Meisters erkannt wird, so bleibt auch Rosegger
in allen seinen Schriften immer originell im Stil wie in der Darstellungsweise,
und tritt, nach Grasbergers Ausspruch, Rosegger sprachbi ldend auf, wie
wenig andere zeitgenössische Dichter.
Zu welcher dramatischen Kraft Rosegger sich aufzuschwingen vermag,
zeigen nicht nur seine Tragödien: „Der Gottsucher" und „Jakob der Letzte",
sondern insbesonders auch sein jüngst die Runde über viele deutsche Bühnen
machendes Theaterstück: „Am Tage des Gerichts", dessen letzter Act zu den er-
schütterndsten Scenen gehört, welche das deutsche Theater in den letzten Jahr-
zehnten geschaffen hat. — Dass Rosegger zu Anzengruber und Hamerling in
innigstem Freundschaftsverhältnisse stand, darf nicht unerwähnt bleiben.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918