Seite - 166 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
Bild der Seite - 166 -
Text der Seite - 166 -
166 Krieglach.
Im k. k. Seminarium zu Graz unter Leitung des trefflichen Caspar Royko,
der die individuelle Begabung und Geistesrichtung jedes Schülers studierte und
in edle Bahnen zu lenken wusste, ausgebildet, schrieb Johann Kalchberg, seinem
Drange nach literarischer Thätigkeit folgend, schon mit 21 Jahren das Drama:
„Agnes Gräfin von Habsburg", welcher Erstlingsarbeit bald das Drama: „Die
Tempelherren" und ein Band lyrischer Gedichte folgten. Seine Schwärmerei für
die Romantik des Ritterthums trieb Kalchberg zu regen historischen Studien,
wovon namentlich seine späteren Werke: Die Grafen von Cilli (1790), Die
Ritterempörung (A. Baumkircher), Maria Theresia, und dann Die deutschen
Ritter in Accon, dramatische Werke, welche den Ruf Kalchbergs in der litera-
rischen Welt Deutschlands rasch verbreiteten, Zeugnis gaben. Wichtig für
Steiermark war dessen begeistertes patriotisches Wirken als Ausschussrath der
Landstände. Als solcher arbeitete er das wichtige Quellenwerk: Entwickelung
der stand. Verfassung, und zahlreiche Aufsätze aus der Geschichte Steiermarks.
Mit Erzherzog Johann im regsten Briefwechsel stehend, förderte er mit aller
Kraft in dessen Geiste das wichtige Archivwesen, die heimische Geschichts-
forschung und die große unsterbliche Schöpfung Erzherzog Johanns, das Joanneum,
und leitete durch sechs Jahre die „Steierm. Zeitschrift", gründete den Steierm.
Musikverein und widmete überhaupt seine ganze Lebenskraft der Förderung
vaterländischer Schöpfungen, bis am 3. Februar 1827 der Tod seiner rastlosen
Thätigkeit ein Ziel setzte. Seine Leiche wurde am Kirchhofe der Leechkirche
in Graz heigesetzt, wo ein schlichter Grabstein an der s. Kirchenwand an die
Ruhestätte eines der edelsten und besten Patrioten der Steiermark erinnert.
Als Grabinschrift wünschte sich Kalchberg nachstehende Verse:
„Waiid'rer, ich war nur ein Mensch, ein Freund der Natur und der Musen,
Viele verstanden mich nicht, Wenige kannten mein Herz.
Hast Du Sinn und Gefühl, so schenk' ein Thränchen dem Menschen,
Weih' ein Blümchen dem Grab, wo hier der Dichter verstummt."
Aber auch der Muse, der dramatischen, darstellenden Kunst, hat vor
wenigen Decennien Krieglach einen Jünger geweiht, abermals entsprossen mütter-
licher Seite den Wämpel von Sommerstorff, dessen begnadetes Talent heute in
der Hauptstadt Deutschlands den Lorbeer der Kunst errungen hat. Otto Müller
Sommerstorff, geb. zu Krieglach am 29. Mai 1859 als Sohn des Werks-
verwalters Müller und dessen Ehegattin Wämpel von Sommerstorff, erhielt
der Knabe 1866—1868 in Stuttgart, der Heimatstadt seines Vaters, dessen Groß-
vater der berühmte Kupferstecher Johann Gotthard von Müller war, seine erste
Bildung. Nach Ahsolvierung des Gymnasiums zu Wien, 1877, trat Müller in die
juridische Facultät der Wiener Universität. Seine seit dem 14. Lebensjahre immer
stärker zu Tage tretende Begeisterung für das Theater kam nun zum elemen-
taren Durchbruch, als ihm eine Studentenvorstellung im Wiener Stadttheater
(damals Laube), Gelegenheit bot, die weltbedeutenden Bretter zu betreten und
berauschende Erfolge zu erzielen (erste Rolle: Carl Moor). Weitere Erfolge ließen
nun endlich in Müller den Entschluss reifen, sich der dramatischen Laufbahn zu
widmen. Zu diesem Zwecke besuchte er nun die Schauspielschule des Wiener
Conservatoriums, und wurde sodann schon nach einem Jahre von Dr. Förster nach
Leipzig engagiert, wo nun Müller den Theaternamen Sommerstorff annahm. Nach
vierjährigem Aufenthalte in Leipzig wandte sich' Sommerstorff nach Lübeck, wo
er als Held 1882 mit außergewöhnlichem Erfolge auftrat. Durch Geibels Freund-
schaft ausgezeichnet und in die edelsten Bahnen gelenkt, verbreitete sich der
künstlerische Ruf Sommerstorfl's bald derart, dass er schon 1883 als erster Held
an das Deutsche Theater in Berlin engagiert wurde, woselbst er nun namentlich
in den Rollen Marquis Posa, Fiesco, Faust, Clavigo, Hamlet, Othello, Uriel Acosta,
Schiller etc. als einer der bedeutendsten lebenden Vertreter dieses Faches wirkt.
Seit Juli 1888 ist Sommerstorff mit Theresina Gessner, einer ebenso schönen, als
künstlerisch bedeutenden Schauspielerin vermählt.
Umgebung: Der Saum der Wälder, welche in weitem Rahmen
Krieglach umkränzen, ist mit vielen, nahe den Wegen angebrachten Ruhe-
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918