Seite - 229 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
Bild der Seite - 229 -
Text der Seite - 229 -
Brack. 229
der Weg zum Wasserfall abzweigt. (Grün markiert.) Vorerst diesen Weg
verfolgend, steigen wir durch Wald am steinigen Thalgehänge hinan, wobei
sich r. ein prächtiger Blick auf ein dicht bemoostes Trümmerfeld erschließt.
Der Weg gelaugt hierauf zu einer Holzriese, führt in derselben eine kurze
Strecke fort, um sodann in einer Windung das offene Schutzhäuschen zu
erreichen, welches am Eingange der Wasserfallskamm zur Rast ladet.
(Bis hielier circa 1 Std. von der Station.)
Die Scenerie hat hier den Charakter des Ungeheuerlichen angenommen;
hellgraue Felsenmauern steigen zur L. in steilstem Abstürze auf und auch
zur R. umspannen nur spiegelglatte Felsgewände das Bachbeet. Von hier
geleitet eine schwanke, über die tiefgrüne Flut des Mixnitzbaches kühn
gespannte Brücke in die schauerliche Felsenklamm, welche von mächtigen,
senkrecht abstürzenden oder überhängenden Steinmauern eng umspannt,
in wenigen Minuten in einen cylinderförmigen Kessel, in welchem der
Mixnitzbach in nahezu senkrechtem Falle stürzt, endigt, eine in ihrer Art,
weniger durch Wasserfülle, als durch die wildromantische, groteske For-
mation des Felsenkessels, großartige Wasserfallsscenerie bietend.
Von hier nun zurück zur Wegtheilung in 8 Min. und den Alpen-
fahrweg weiter. (Gute Bergsteiger, die zur Teichalpe gehen wollen, kürzen
bedeutend den Weg, wenn sie vom Schutzhause den direct ansteigenden
Weg verfolgen.)
Nun ist auch bald das Plateau, „im Burgstall" genannt, mit dem
Schwagerbauerhof erreicht. Aber noch müssen wir den kahlen Wall des
Sperrbichels in 4 Serpentinen (die ersten zwei kürzt ein Steig) ersteigen,
bevor wir den König der Lantschgruppe zu sehen bekommen. An einzeln
stehenden, prächtig bemoosten, uralten Wetterfichten vorbei, erreichen wir
nahe mehrerer Alpenhütten, circa 3 St. von Mixnitz, ein Wegkreuz mit
der Aufschrift: „Weg nach Schüsserlbrunn und zum Hochlantsch." Hier
theilen sich die Wege, r. setzt sich unser bisher verfolgter Fahrweg mit
weißer Markierung zur Teichalpe fort, während in gerader ö. Richtung ein
anfangs wenig kenntlicher Weg über Almboden abzweigt. Dieser Steig,
roth-blau markiert, zieht zuletzt hart an dem Grat des Lantschkammes hin
und führt uns in V2 St. nach einer scharfen Wendung nach 1. zum so-
genannten oberen Wirtshaus, welches ein Bauer aus der Breitenau, namens
Schragl, vulgo Obersattler, vor circa zehn Jahren erbaute. Zehn Betten bieten
uns in diesem, das ganze Jahr bewohnten Hause ein entsprechendes Nacht-
quartier, wie auch das Lusthäuschen vor dem Hause eine entzückende
Fernsicht erschließt. Wir werden aber kaum in die Lage kommen, vor-
erst die Gastlichkeit dieses Hauses in Anspruch zu nehmen, denn mit
dämonischer Macht lockt uns hier das, wunderbar mitten im Abstürze der
Felsen in den Wänden gebettete Wallfalirtskirchlein von Schüsserl -
brunn, mit dem traulichen Messnerwirtsbaus in die Tiefe. Uber in den
Fels gemeißelte Stufen, die Hand auf das schwanke Geländer gestützt,
schreiten wir hinab, den Blick in den zu unseren Füßen gähnenden Ab-
grund verloren, und in wenigen Minuten stehen wir auf jener kleinen
Plattform, auf welcher einst, wie die Legende erzählt, ein weidendes Vieh
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918