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Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
Seite - 238 -
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238 Das Tragössthal. Pfarrhofes, erwarteten ihn acht verschworene Rädelsführer und spaltete inm einer derselben mit einer Hacke den Kopf." — Diese heute vermauerte Thüre, deren Spitzbogen auf das 15. Jahrhundert weist, ist namentlich von innen noch gut sichtbar. Nach dem Pfarrermord scheint der neuerer Zeit entstammende Ver- bindungsgang vom Pfarrhofe zur Kirche erbaut worden zu sein. Die Tradition meldet weiter, dass die acht Verschworenen hierauf vom Lehen zum Tode gerichtet wurden, und zwar auf jener Richtstätte, welche, durch drei im Dreieck aufgestellte steinerne Säulen bezeichnet, noch heute am sogenannten „Galgenberg" (zwischen Oberort und Großdorf) sichtbar ist, und damals eigens zu diesem Zwecke errichtet worden sein soll. Die Gemeinde Tragöss musste nach diesem Morde durch 100 Jahre am Tage der Blutthat einen Opfergang in die Kirche halten, wobei der gespaltene Schädel des Ermordeten als Opfergefäß verwendet wurde. Dieser Schädel war bis 1847 oberhalb des jetzt durch den Hochaltarhau maskierten Rundfensters an der Ostseite der Kirche in einer Nische zur Schau gestellt, wie auch beide Beine unter der Nische, zur Hälfte hervorstehend, ein- gemauert waren. In diesem Jahre ließ der Pfarrer Kohn, ein getaufter Jude, den alten Altar entfernen nnd den heute noch stehenden hohen Altarbau errichten. Da nun die hervorstehenden Knochen ein Hindernis bildeten, so wurden sie durch den heute noch lebenden damaligen Zimmermannslehrling Sigmund Klachler ab- gesägt und sammt dem Todtenschadel im Friedhofe begraben. Zur selben Zeit wurde auch ein neues Kirchenpflaster gelegt, wobei der steinerne Dekel der Familiengruft der Stubenherg entfernt und die darunter befindlichen Todten- gebeine gleichfalls im alten Friedhofe beerdigt wurden. Außer diesem Todtenkopfe erinnert noch ein sehr interessantes, zur Zeit des Pfarrermordes gemaltes Bild von 1 m Höhe und 66 cm Breite an die blutige That. Dieses in Temperamanier mit Leimfarben auf Leinwand (mit Holz- unterlage) gemalte Bild zeigt auf Goldgrund 1. unten die kleine Gestalt eines jugendlichen knienden Priesters mit gefalteten Händen, wahrscheinlich den ermordeten Pfarrer darstellend, davor in doppelter Größe eine reich costiimierte Frauengestalt in faltenreicher Gewandung, mit sehr ausdrucksvoll modelliertem Kopfe, und unten die Gestalt des heil. Hieronymus, im Begriffe, mit einem spitzen Stifte aus dem Vorderfuße eines Löwen einen Dorn zu ziehen. (Bekannte mittelalterliche Darstellung.) Unter dieser Darstellung finden sich die heute nur mehr schwer leser- lichen Worte : „Clausus in hoc tumulo, si vis cognoscere, quis sit Melchior is nomCn, Longus congnomen habebat. Sacra, quam spectas, fecit ista pastor in sede. Australis quondam fuit, et regionis alumnus, Eloquii fervens divini semina sparsit, Corripuit crimen scelerati forte coloni, Proh scelus! horrenda caput huic secat ille securi, Qui precans et — — (das Weitere ist nicht mehr lesbar) 1493." Übersetzt: „Wer eingeschlossen sei in diesem Grabe, willst du wissen? Sein Name ist Melchior und Lang sein Zuname. In dem Gebäude, das du schaust, hat er als Hirt den heiligen Dienst gethan. Ein Sprössimg war er aus einer südlichen Gegend, Mit Eifer hat er den Samen des göttlichen Wortes gesäet, Mit Kraft hat er des bösen Bewohners Verbrechen gerügt, Der aber hat, o Unthat! mit furchtbarem Beile das Haupt ihm gespalten. — 1493." Dieses Bild befand sich früher über der Grabstätte des erschlagenen Pfarrers in der Kirche, wird aber jetzt im Pfarrhofe aufbewahrt. Der wilde Trotz der Tragösser Waldbauern vererbte sich aber durch Jahr- hunderte fort und so füllt sich die Chronik des Alpenthaies mit blutigen Gewalt- thaten, wie sie kaum eine andere Gegend der Steiermark zu verzeichnen hat. So fällt in das Ende des 16. Jahrhundertes der Mordversuch mehrerer Männer
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Die eherne Mark Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
Titel
Die eherne Mark
Untertitel
Eine Wanderung durch das steirische Oberland
Band
1
Autor
Ferdinand Krauss
Verlag
Leykam
Ort
Graz
Datum
1892
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.45 x 21.56 cm
Seiten
496
Schlagwörter
Steiermark, Heimatkunde
Kategorien
Geographie, Land und Leute
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