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Neuberg. 253
um sich daselbst dem Studium der Malerei zu widmeil. Nach vierjährigem
Aufenthalte in Wien, wo er die Schulen der Professoren Griepenkerl und
Eisenmenger besuchte, wandte er der Donaustadt den Rücken und trat
an die rühmlichst bekannte Münchener Akademie über, wo er sieben
Jahre unter den Professoren Hackl, Herterich, Löfftz und Diez studierte,
um hierauf 1890 sich als selbständiger Künstler ein eigenes Atelier und
einen eigenen Herd zu gründen.
Scbmidhammer ließ nun seiner reich bewegten Phantasie, welche
ganz im Banne der mythischen Gestalten der deutschen Heldensagen und
der germanischen Götterlehre mit ihrem mystischen Zauber stand, freies
Spiel und schuf zahlreiche Entwürfe, welche, in zaubervollen dämmerigen
Tönen und Stimmungen gehalten, Motive aus dieser Sagenwelt in großen
kühnen Zügen zur Darstellung bringen sollten.
Von Jugend auf mit ganzem Herzen der schöngeistigen Literatur
und der Musik ergeben, konnte das Festspiel in Bayreuth von Meister
Wagner, welches den kühnsten Flug seiner Phantasie verwirklichen sollte,
nicht ohne tiefen Einfluss auf Seh.'s innerstes Wesen bleiben und finden
wir in Sch. seither einen begeisterten Anhänger und werkthätigen Förderer der
Muse Richard Wagners, in dessen Geiste er die sagenhaften Gestalten
der deutschen Götterlehre zum Gegenstande einer Reihe von Compositionen
machte, welche er demnächst nach reiflicher Durcharbeitung der Öffent-
lichkeit zu übergeben gedenkt. Seit fünf Jahren bekleidet auch Sch. die
Stelle eines Vorstandes des Ordens vom Gral (des ältesten Wagner-Ver-
Vereines) und seit zwei Jahren ist er auch Mitglied des Vorstandes des
Zweigvereines des allgemeinen Richard Wagner-Vereines.
Dabei wahrte sich aber unser Künstler ein warmfühlendes Herz für seine
steirische Heimat und für die Reize und Schönheiten deren Hochlandsnatur,
die ihn mächtig anregte und vielfach von seinem Wagnercultus abdrängte.
Und so entstanden zahlreiche treffliche Landschaftsbilder, durch kleine
Genrescenen belebt, und dürfte diese Richtung der künstlerischen Indi-
vidualität Seh.'s am meisten zusagen. Scbmidhammer lieferte auch zahl-
reiche feinsinnige Illustrationen zu Roseggers gesammelten
Werken, die er meist sehr glücklich zu interpretieren wnsste.
Neuberg. Während sich am w. Ende des Ortes die großen
Eisenwerkstätten der Alpinen Montangesellschaft ausdehnen, erhebt
sich am ö. Ende des langgestreckten Ortes der gewaltige Gebäude-
complex der Klosteranlage des 1327 von Herzog Otto dem Fröh-
lichen im Einvernehmen mit seinen Brüdern König Friedrich III. und Herzog
Albrecht II. gestifteten Cistercienserstiftes, an der Nordseite weithin überragt
von der dreischiffigen gothischen Hallenkirche. Diese ist ein nach außen,
der strengen Ordenssitte entsprechend, nahezu schmuckloser rechteckiger Bau,
von einem riesigen, äußerst kunstvoll construierten Dachstuhl, über welchen
sich nur als Glockenthürmchen ein schlanker Dachreiter erhebt, überragt,
mit vier geraden Wänden abgeschlossen, und zählt die Kirche durch ihre
imposanten Raumverhältnisse und vielen großen und hohen Fenster, mit
edelstem Maßwerke geschmückt, zu den schönsten Gotteshäusern des Landes.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918