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322 Maria-Zell.
(Tergi. Münichzell, Wenigzell bei Vorau, welches 1204 auch nur als „Cella.,
bezeichnet wird; meist blieb der Heiligenname, dem die Zelle geweiht war,
z. B. St. Gallen hei Admont einst Cella S. Galli genannt.) Solcher „Zellen" begegnen
einem in allen Ländern, die ihre Cultivierung den alten Orden verdanken. Mit dem
Auftreten in den uns erhaltenen Urkunden ist der Name auch schon auf die ganze
Umgebung übergegangen, ein Beweis, dass die Gründung der ursprünglichen Zelle
längst vorausgegangen, um schließlich auf den Ort Zell beschränkt zu bleiben. So
kommt 1243 ein Wald vor, der Cella heißt, Uber den Besitz des Sees Cell (de lacu
cella), nämlich den Erlafsee, wird 1266 gestritten, gelegentlich dieses Streites giengen
die Commissäre, wie es in den Urkunden heißt, auch „an den Ort, welcher Cella
heißt" und legten in der dortigen Kirche „vor dem Altar der glorreichen Jung-
frau und Gottesmutter Maria" einen feierlichen Eid ah. 1270 wird die Saline im
Hallthal, als auf dem „Landgute Cella" gelegen, bezeichnet. Es wird daher die
Kirche bis zum Beginne des 15. Jahrhunderts immer bezeichnet als „unser Frawen
Kirichen in Celle" oder „dacz Zell" (Ecclesia B. M. V. in Cella). Erst seit dieser
Zeit findet die Verbindung oder vielmehr Wiederverhindung des Namens und
Begriffes Zelle mit Maria statt, in den Formen „In oder Zu unser Frawn Zell,
Maria-Zell (im Sinne von „Marienzelle", Cella Mariana) als Bezeichnung der
Kirche wie des Ortes. (Es ist also der Eigenname wieder Gattungsname gewor-
den.) Doch im Volke ist bis heute, nicht nur der Kürze wegen, die frühere Be-
zeichnung „in Zell" „von Zell" geblieben. Im 17. und 18. Jahrhunderte pflegte
man zum Unterschiede von Klein-Maria-Zell in Niederösterreich das unserige
mit Vorliebe als Gross-Maria-Zell zu bezeichnen.
Urkundlich steht fest, dass in Aflenz im J. 1157 fünf Priestermönche aus
dem Stifte St. Lambrecht lebten. Wegen der großen Ausdehnung des Aflenzer
Seelsorgegebietes einerseits, wegen des weit entlegenen Salz- und Erzbaues an-
dererseits, mag wohl schon in jenen früheren Zeiten jenseits des Seeberges ein
Culturmittelpunkt geschaffen worden sein. Die Lage desselben an der Zusammen-
mündung mehrerer längerer Thäler war sehr geschickt gewählt. Nach einer seit
circa 450 Jahren durch Bild und Schrift fixierten Überlieferung bildete eine hölzerne
Zelle die Wohnung des Mönches und seines Muttergottesbildes. Dass dieser
Mönch gerade um das J. 1157 liieher gekommen sei, ist wohl sehr leicht möglich
und aus manchen Gründen wahrscheinlich, muss aher nicht nothwendig ange-
nommen werden.
Von dem Beginne eines Kirchenbaues an diesem Orte im J. 1200 be-
richtet die gothische Steininschrift aus dem Ende des 14. Jahrhunderts über dem
Kirchenportale: „Anno Domini MCC inchoata est haec ecclesia gloriosae Mariae."
(„Im Jahre des Herrn 1200 wurde diese Kirche der glorreichen Maria begonnen.")
Erwähnte Inschrift erzählt auch (und zeigt daneben im Bilde), dass ein Markgraf
von Mähren sammt seiner Gematilin hier in Maria-Zell Heilung von der Gicht
gefunden habe. Noch vorhandene Berichte aus dem 15. Jahrhunderte besagen,
dass jener Markgraf Heinrich geheißen habe, und dass er zum Danke für die
Befreiung von seinem Leiden eine steinerne Kirche habe bauen lassen, welche
von da an das Ziel der Wallfahrer geworden sei. Die Richtigkeit dieser 4—500
Jahre alten Überlieferungen auf Stein und Pergament vorausgesetzt, würde als
erster Erbauer einer Maria-Zeller Kirche Heinrich Wladislav, Bruder Ottokars I.,
aus dem Hause der Premysliden erscheinen, welcher von 1192 bis zu seinem am
12. August 1222 erfolgten Tode Markgraf von Mähren war. (1194—1197 Gefangener
des Herzogs Bretislav in Prag.)
In noch vorhandenen Ürkunden kommt der Name Cella zuerst 1243 vor.
Ferner berichtet eine Urkunde von 1266 von einem feierlichen Eidschwur vor
dem Muttergottesaltare der Kirche in Zell; der erste uns bekannte Pfarrer
Heinrich wird in einer Urkunde von 1278 genannt, wo berichtet wird, dass er
mit acht anderen Lamhrechtern Zeugenschaft ablegte bezüglich eines Streites bei
der Saline im Hallthal.
Das Wunderereignis mit dem Markgrafen Heinrich mag den ersten Anstoß
zu Wallfahrten nach Maria-Zell gegeben haben ; um dieses Besuches willen wurden
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918