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Maria - Zell. 323
wiederum reiche Ablassverleihungen ermöglicht, welche hei der strengen Buß-
disciplin jener Zeit gewiss nicht mindere Anziehungskraft ausübten, als der Ruf
dort geschehener Wunder. Sowohl Päpste (von denen im ganzen neunzehn Bullen
stammen), als auch verschiedene andere geistliche Würdenträger, verliehen reiche
geistliche Gnaden; so zunächst 1330 Erzbiscbof Friedrich von Salzburg, ausdrücklich
wegen der Menge der Wallfahrer, zu deren frommen er auch 1335 die Erbauung
der Kirche in Seewiesen erlaubte. Von Päpsten verliehen bald darauf Ablässe:
Clemens VI. (1345), Innocenz VI. (1353, 1357 und 1358); von Bischöfen: Peter
von Chur (4359), im gleichen Jahre Bischof Ulrich von Seckau, dann 1360 Bischof
Anton von Fünfkirchen (letztere bei ihrer Anwesenheit in Maria-Zell). Die be-
rühmteste Ablassverleihung ist die von 1399 durch Papst Bonifaz IX.: Die Kirche
in Maria-Zell solle in den 14 Tagen nach Maria-Himmelfahrt die gleichen Ab-
lässe haben, wie S. Marco in Venedig. Alljährlich wurde diese Bulle bei Beginn
der Ablasszeit in feierlicher Procession zur Kirche getragen und von der Kanzel
dem Volke gezeigt und erklärt. Die Beichtväter, die mit großen Vollmachten
ausgestattet waren, empfiengen hernach unter verschiedenen Ceremonien die so-
genannten „Bußruthen", d. i. lange, dünne Stäbe, mit denen sie die Büßer bei
der Lossprechung berührten, ein Gebrauch, der sich bis in die Mitte des 17. Jahr-
hundertes erhielt. (Bei den apostolischen Pönitentiaren besteht dieser Brauch
heute noch in Rom und Loretto.)
Von gleichem, oder noch weit größerem Wetteifer waren in ihrer Weise
die weltlichen Großen beseelt. Da begegnet uns, um nur einige zu erwähnen,
schon 1322 der Landeshauptmann und Truchsess von Steiermark, Ulrich v. Walsee,
als Spender von Gülten, 1342 der erste Wohltkäter unter den habsburgischen
Fürsten, nämlich Herzog Albrecht II. der Weise, welcher das Gut Lunschitz
(Ettmissl bei Aflenz) zur Erbauung eines Frauenaltars widmet und Maria-Zell
zum Markte erhebt; 1353 stiftet ein Graf v. Posingen ein ewiges Licht zu dem
von ihm gespendeten Frauenbilde; 1364 widmet Herzog Rudolf IV. der Stifter,
300 Pfennige zu einer ewigen Messe etc. (Das Geld wurde im Mittelalter immer
in Gütern angelegt, in diesem Falle die in der Nähe gelegene Rasing-Mühle an-
gekauft; Herzog Albrecht bestätigte 1371 diesen Kauf. Die Mühle blieb Eigen-
thum der Kirche und wurde erst vor einigen Jahrzehnten verkauft und der Erlös
wieder in Staatspapieren angelegt. Diese Messe für das Haus Habsburg wird
täglich um 6 Uhr früh gelesen.)
Die Glanzperiodo der mittelalterlichen Geschichte von Maria-
Zell bildet die Zeit Ludwigs des Großen, Königs von Ungarn, welcher zum Danke für
einen gegen die „Türken" erfochtenen Sieg mit königlicher Freigebigkeit eine neue
Kirche erbaute, von der noch jetzt der mittlere Thurm, sowie die Mittelpartien
des Schiffes erhalten sind. Die Aufzeichnungen des Zeitgenossen und Biographen
König Ludwigs, des Archidiacons Johannes und umständliche Berichte aus dem
folgenden Jahrhundert bezeugen diese Thatsache ebenso, wie die fast gleichzeitige
gothische Sculptor über dem Kirchportale in Maria-Zell und ein altes, gothisclies
Gemälde in der Schlosskapelle zu St. Lambrecht. Von den reichen Geschenken
dieses Königs, die er selbst überbracht, ist vor allem noch das Schatzkammer-
bild erhalten. Nach den neuesten, sehr scharfsinnigen Forschungen ereignete sich
diese siegreiche Schlacht des ungarischen Königs 1377 gegen den türkischen Va-
sallen und Fürsten von Nordbulgarien, Sraiimir, wie dies namentlich gleichzeitige
Chronisten von Padua berichten. (Früher wurde dieser Sieg vielfach in das J. 1363
oder 1364 verlegt.) — Andere Fürsten, allen voran die Habsburger, folgten diesem
königlichen Beispiele. So stammen aus dem J. 1388 Stiftungen Herzog Albrechts III.
(Lehengut Zebriach) und des Landeshauptmannes von Krain, Hugo von Tybein.
1401 widmet Herzog Wilhelm Bergrechts- und Zehentweine in Luttenberg
als Opferwein „zu unser Frawen Zell" ; desgleichen 1414 Herzog Ernst der Eiserne
Gerechtsame im Capitalswerte von 400 Mk. Silber. Damit sollten zwei Priester
filier die gewöhnliche Anzahl und vier Studenten (Sängerknaben) erhalten, die
Vigilien für ihn an den vier Quatembertagen von 12 Priestern gesungen werden etc.
Seine Gemahlin, die edle Cimburgis von Masovien, starb 1429 auf einer Riick-
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Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918