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Ilaria - Zell. 327
brannten. Unter furchtbarem Gerassel stürzten die Dachungen und Thürme der
Kirche zusammen; die Gewölbe widerstanden jedoch und hielten den Brand vom
Inneren der Kirche ferne; das Metall der acht Glocken lag geschmolzen in den
Thürmen, auch das geistliche Haus war abgebrannt. Groß wie das Unglück, war
aber auch die Hilfe. Aus der ganzen Monarchie kamen Kleider, Hausgeräthe,
Lebensmittel für die armen Bewohner und vor allem auch reiche Geldspenden;
für den Markt 105.000 fl. und zur Wiederherstellung der Kirche bis 1829 gleich-
falls 32.180 fl., dazu noch 4535 fl. C.-M. durch Kardinal-Primas Rudney von
Gran zur Herstellung der Glocken (die größte „die Iiaiserglocke", 103 Ctr. schwer).
Die Wiederherstellung von Kirche und Markt leitete die k. k. Grazer Baudirection.
(Kriegsgefahren.) Zur Zeit der ersten Belagerung Wiens 1532 kamen
zwei Horden von Türken auch nach Maria-Zell. Die erste kehrte, ohne Schaden
angerichtet zu haben, wieder um (Sage vom Wienerkreuz), die zweite plünderte
am 14. September den Markt, konnte die Kirche aber nicht in Brand stecken
und soll in dem einige Stunden entfernten Neuwald umringt und größtentheils
niedergemacht worden sein. — Als man 168.1 die gleichen Gäste fürchtete, wurde
Gnadenbild und Schatz vom 27. Juli bis 30. September in St. Lambrecht geborgen.
Schlimm ergieng es Maria-Zell zur Zeit der Franzosenkriege. 1797 im ersten
Coalitionskriege waren die Franzosen im Murthale bis Judenburg vorgerückt;
in Maria-Zeil sammelten sich 4000 Landwehrmänner zur Vertheidigung der Grenze.
Die sich zurückziehenden österreichischen Soldaten brachten 400 Kranke hieher,
von denen viele an einem pestartigen Fieber starben, dem auch vier Priester zum
Opfer fielen. Den Kirchenschatz hatte man nach Zwettl geflüchtet, alsbald wurde
auch der Präliminarfriede von Leohen geschlossen und Maria-Zell kam so mit
der bloßen Furcht davon. 1800 im II. Coalitionskriege wurde der Schatz auf
kaiserlichen Befehl nach Graz in Sicherheit gebracht. — Die Franzosen selbst
unter Marschall Davous kamen 1805 hieher über Neuhaus (es sollen bei 30.000
gewesen sein) und wirtschafteten hier furchtbar; durch drei Tage wurde der
Markt geplündert, die Kirche zum Aufbewahrungsort der Gefangenen gemacht,
72 Wachfeuer in derselben angezündet (hauptsächlich daher die Schwärzung der
Gewölbe). Der Schatz war nur zwei Stunden vorher nach Graz und von da nach
Tihany am Plattensee abgeführt worden. 1809 schlugen die Franzosen vier Lager
um den Markt herum auf; demselben wurde diesmal kein weiterer Schaden zuge-
fügt, außer enormen Requisitionen. Der Kirchenschatz war durch einen sehr acht-
baren Zeller Bürger, namens Johann Lämmerer, nach Temesvár gebracht worden
(Transportkosten 10.982 fl.). Der durch die Franzosen in diesem Jahre verursachte
Gesammtschaden für Markt und Kirche betrug 93.253 fl. Die Theuerungsjahre
1815—19 machten sich hier doppelt fühlbar, da auch die Wallfahrt während
derselben nachließ; da war es besonders auch unser Erzherzog Johann, der
durch Einführung und uneigennützige und thatkräftige Förderung des Erdäpfel-
baues den Bewohnern zu Hilfe eilte. Um auch die Pest zu erwähnen unter den
Geißeln, mit denen dieser Ort gezüchtigt wurde, sei bemerkt, dass selbe'besonders
1679 hier grassierte; am 5. November jenes Jahres wurde die Gnadenstatue in öffent-
licher Procession herumgetragen, worauf niemand von den Pestkranken mehr
gestorben sein soll und die Pest selbst bald ganz aufhörte. Anno 1715 waren die
Wallfahrten allgemein wegen der herrschenden ansteckenden Krankheiten verboten.
Maria-Zell bildet den Geburtsort des bedeutenden Geographen Georg
Rithaymer, welcher 1538 in Nürnberg das gründliche Werk „de orbis terrarum
situ" herausgab, in welchem Steiermark eingehend behandelt wird. Von Rithaymer
wissen wir noch, dass er seit 1535 als Professor der griechischen Sprache an
der Wiener Universität wirkte. Die von Dr. J. v. Zahn, Landesarchivdirector,
herausgegebenen interessanten „Steiermärkischen Geschichtsblätter", III. Jahrgang
(1882), I. Heft, bringen einen Abdruck der Steiermark betreffenden Stelle des
genannten Werkes.
Baumgartner, Primadonna am Hoftheater zu Wiesbaden, wurde am
Cäcilientage 1855 in Maria-Zell, als die Tochter der Eheleute Johann N. und
Josefine Baumgartner, welche eine Gastwirtschaft „zum wilden Mann" besaßen,
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918