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Eisenerz. 415
Gemeinde, wie um die Waldgenossenschaft so verdienstvollen und eifrigen Ob manne
Johann Steinberger, in kurzer Zeit durchführte und welche insbesondere auf
eine gute Verwertung des Holzes als Bretter, Holzwolle etc. (1889 wurde ein mit
Turbinen betriebenes Sägewerk hergestellt mit 1 Vollgatter, 2 Circularsägen,
1 Hobelmaschine, 1 Heckwollmaschine und 1 Bauholzkreissäge) und eine rationelle
Forstcultur abzielten, führten zu so guten Erfolgen, dass diese Genossenschaft
nun für Eisenerz eine große Bedeutung gewonnen hat.
Jahrmärkte: Montag nach Oswaldi und Samstag vor Gallus Viebmarkt.
Sitten und Gebräuche: In Eisenerz werden noch viele alterthüm-
liche Sitten und Gebräuche beobachtet, so z. B. bei Taufen, Hochzeiten und
Leichen (Todtenwachen), im Advente (das Horumtragen der Bildnisse von Maria
und Josef), zu Weihnachten (das Räuchern u. s. w.), zur Sonnenwende (Sonn-
wendfeuer) u. s. w. Am charakteristischsten sind die bergmännischen Gebräuche,
ihre Feste und ihre Tracht. Die Leichenbegängnisse von Bergofficieren finden in
später Abendstunde statt und rückt hiezu die Bergmannschaft in ihrer maximi-
lianischen Tracht mit brennenden Grubenlampen aus. Bergmännische Feste sind das
Berg fest am ersten schönen Sonntage nach Christi Himmelfahrt bei der Barbara-
kapelle und am Barbarasonntage im December in der Pfarrkirche, wobei die
Bergmannschaft mit ihrer Fahne unter Vortritt ihrer Herren Beamten und der
Musikkapelle aufmarschiert; dann das Kreuzfest der Vordernberger Knappschaft
beim Kreuze auf dem Erzberge am Johannisonntage, früher ain Johannitage
(24. Juni) selbst: endlich sei noch der Auferstehungsprocession in Eisenerz
gedacht, die ebenfalls in später Abendstunde abgehalten wird und an welcher
sich die Knappen in ihrer maximilianischen Tracht mit brennenden Kerzen in
den Händen betheiligen.
Die maximilianische Tracht der Knappschaft besteht aus einem
langen weißen Rocke mit Kapuze, dunkelgrüner, mit Schlegel und Eisen gezierten
Schachtmütze und einem schwarzen Ledergurte, an der rückwärts das Gruben-
leder sich befindet; in den Händen tragen die Bergleute den „Berghäckel" in der
einen, dann bei gewissen Anlässen, z. B. Ausrückungen zu Leichenbegängnissen,
ein brennendes Grubenlicht in der anderen Hand. Bergofficiere, Hutleute und Auf-
seher tragen die schwarze Bergmannstracht, desgleichen die Musiker, deren
Schachtmütze mit einem weißen Federbusche geziert ist. Früher trugen die
Innerberger oder Eisenerzer Knappen noch Kniehosen und weiße Strümpfe, die
Vordernberger hingegen grüne oder blaue Strümpfe. Auch zeichnen sich die
Knappen vom Vordernberger Erzbergantheile durch den rothen Deckel ihrer
Schachtmützen aus. Die Hüttenleute tragen ebenfalls lange weiße Röcke, Leder-
schurzfell und mit einer Granate gezierte Schachtmützen.
Große Beachtung verdient und besonderes Interesse erregt der an die
Gegend in und um Eisenerz sich knüpfende Sagenschatz. So hat der Erzberg
allein seinen eigenen Sagencyclus, die theogenische Mythe vom Kampfe der
Giganten mit den Göttern kehrt in der Sage von der Entstehung dieses uner-
schöpflichen Eisenberges wieder, dessen Auffindung die Tradition theils dem
Wassermanne, bald einem Venedigermännchen, ja selbst dem Bergmännchen oder
Winzig zuschreibt. Von letzterem, dem Berggeiste, der mit seinen Gnomen in
der unterirdischen Tiefe das norische Erz kocht, erzählt sich das gläubige
Knappenvolk zahlreiche Sagen, in denen derselbe bald als Schutzgeist der red-
lichen Bergleute, bald als Rächer verübter Frevel eine Rolle spielt. In und auf
den umliegenden Bergen forschten Venedigermännchen nach den edlen Metallen
im Schöße der Erde; liebliche Waldfrauen und Wildfrauen nehmen das von
Jägern bedrohte Wild in Schutz; gespenstische Spukgestalten verleiden den
Schatzgräbern das Graben nach den Schätzen des goldenen Kalbes auf dem Laus-
kogel; und um noch der historischen Sage zu gedenken, verklärt die Über-
lieferung u. a. auch das Andenken des letzten Ritters, Kaiser Max' I., der da
von einer Stelle am Erzberge vom Kaisertische aus so gerne seine freudetrun-
kenen Blicke über die herrliche Hochgebirgswelt schweifen ließ und im so-
genannten Schuss und der hinteren Seeau einen ähnlichen Meisterschuss gethan
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918