Seite - 421 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
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Eisenerz. 421
Die mächtigen gothischen Baudenkmale am Rhein, welche Tendier auf
den Reisen mit seinem Großvater und Vater geschaut hatte, machten auf ihn einen
großen Eindruck und entfachten in ihm eine schwärmerische Liebe für die mittel-
alterliche Kunst. Theils selbständig schaffend, theils copierend wo er nur ein
dankbares Motiv fand, war dieser hoch beanlangte Sprosse der Künstlerfamilie
unermüdlich thätig. Im J. 1835 übersiedelte er nach Leoben, vermählte sich 1836
daselbst, aus welcher Ehe vier Mädchen und ein Knabe Johann entspross.
Johann widmete sich gleichfalls der Kunst, starb aber, immer kränklich, schon
1869 auf einer Reise mit den Automaten in Pöllau.
Johann Max Tendier malte mehrere Altarbilder für die Redemptoristen-
kirche in Leoben und lieferte die Entwürfe für den Hochaltar in der Wasenkirche
daselbst, dann gemalte Tapeten für die Leobner Pfarrkirche, Grabdenkmäler für
die Jakobskirche und u. a. eine interessante Composition, der Kampf der Germanen
mit den Römern. Wo er nur ein interessantes Bauwerk, oder ein Schnitzwerk
fand, copierte er es getreulich und liegt auch unserer Abbildung des Musikchores
der Oswaldkirche in Eisenerz eine im Besitze des Landesarchivs in Graz befind-
liche Aufnahme von Tendier zugrunde. Zahlreiche Entwürfe für Glasgemälde
lieferte er seinem Freund Karl Geyling in Wien. Überaus wichtig sind auch seine
getreuen Aufnahmen in Aquarell von verschiedenen alten bergmännischen Auf-
zügen in Eisenerz, wie auch das Loealmuseum heute viele Arbeiten dieser Familie
besitzt und überhaupt der Besuch dieses Museums zur Beurthei lung
der Bedeutung dieser Famil ie unerlässl ich ist.
Johann Max Tendier starb am 14. April 1870 zu Leoben und wurde im
Friedhofe der Jakobskirche beigesetzt.
Ein anderer Eisenerzer Künstler ist der Maler Ernst Payer, daselbst
am 28. December 1862 als Sohn eines Kaufmannes geboren. Derselbe besuchte
in Eisenerz die Volksschule, wobei schon frühe die Lust zum Zeichnen und Malen
sieh geltend machte. Als Ernst Payer 14 Jahre alt war, übersiedelten dessen
Eltern nach Graz, woselbst sodann Payer seine Studien fortsetzte, um endlich im
Alter von 17 Jahren mit dem Eintritt in die landschaftliche Zeichenakademie in
Graz eine seiner Individualität vollkommen entsprechende Berufswahl zu treffen.
Nach zweijährigem Besuche der Schwach-Schule trat Payer an die Akademie der
bildenden Künste in Wien über, um hier unter großen finanziellen Schwierig-
keiten, die seine künstlerische Entwickelung nicht wenig hemmten, seine Studien
zu vollenden. Nach nahezu achtjährigem Besuche der Akademie, während welchem
er einen Staatspreis für sein bisheriges Hauptbild „Der Urlauber" erhielt, gründete
er sich in Wien ein eigenes Atelier. Payer, welcher Talent mit ernstem Streben
und ausdauerndem Fleiße verbindet, hat durch die trefflich aufgefasste und durch-
geführte Composition des „Urlaubers", bezüglich welchen Bildes von der Wiener
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst das Reproductionsrecht erworben wurde,
einer Reihe von Studienköpfen und reizenden Skizzen den Beweis erbracht, dass
das Genre seiner künstlerischen Individualität am meisten entspricht, und
berechtigt der junge, so wacker vorwärts strebende Künstler zu den schönsten
Hoffnungen.
Wicht ige Gebäude und Denkwürdigkeiten. St. O s w a l d -
Pfarrkirche. Auf einem Vorsprunge des Erzberges, dem in das Gedränge
der Häusermassen des Marktes Eisenerz ausragenden Vogelbühel, erhebt sich
aus seinen wettergebräunten Bollwerken als das merkwürdigste und interessanteste
Baudenkmal in Eisenerz die St. Oswald-Pfarrkirche.
Ursprünglich, wie die Sage meldet, an Stelle eines hier bestandenen heid-
nischen Tempels erbaut, und 1016 schon als Oswald-Kapelle nachweisbar, er-
scheint sie in einer Urkunde von 1190 zuerst ausdrücklich als St. Üswaldi
ecclesia iti interiori monte cathmiae ferri. Im J. 1279 unter Kaiser Rudolf I.
wurde der Grundstein zum Baue einer neuen Pfarrkirche gelegt, welche 14il
auf Befehl Kaiser Friedrichs III. erweitert und 1482 befestigt wurde. Im J. 1492
zum großen Theile abgebrannt, wurde sie 1493 vom Kaiser Maximilian I. wieder
aufgebaut und 1512 vom Bischöfe Leonhard von Lavant consecriert, aber erst,