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460 Die Radmer.
einriehtung entstanden sein. Später spendeten die Töchter Erzherzog
Ferdinands der Kirche jenes eigenhändig gestickte Messgewand, welches
heute noch, in voller Farbenfrische prangend, durch die kunstvolle Arbeit
zu den Perlen des Eisenerzer Museums zählt. Noch gar manches andere
birgt das bekanntlich 1881 vom Oberlehrer J. Krainz gegründete, für
steirische Volkskunde so außerordentlich wichtige Museum aus der Radmer,
wovon wir hier nur die Schichtglocke aus dem Pestjahre 1713, welche
durch anderthalb Jahrhunderte die Bergleute in der Radmer zur Arbeit
rief, und die Windbüchse, die sich ein findiger Wildschütze selbst zu
fertigen wusste, nennen wollen.
Im Jahre 1805 kamen die Franzosen auch in die Radmer und alte
Mütterchen wissen zu erzählen, wie der heil. Antonius mit Mohren (?) den
Feind verjagt habe; daran erinnert das Mohren kr e uz an der in die
hintere Radmer führenden Straße.
Aber allmählich, je mehr sicli der Erzbau nach Eisenerz hinüberzog,
wurden die großen Kupferbergwerke, die meist das Thal bevölkerten, so-
wie die reichen Eisensteingruben, die früher so reges Leben in die Radmer
brachten, aufgelassen ; die Stollen verfielen, die Hochöfen sanken in Ruinen
und grüne Rasendecken spannten sich über die Schlackenhalden. Und so
ist es heute stille geworden in dem prächtigen Alpenthale, seit das emsige
Völklein der Bergleute hinauswanderte nach dem Erzberge, und nur Jäger
und Holzknechte bevölkern heute das abseits aller Heerstraßen liegende
Thal ; gar wunderselten verirrt sich dahin ein Handwerksbursche und
noch seltener ein Professionsvagabund, weil hier ja nichts zu holen ist
und weil dasselbe auch keinen Ausweg hat, es sei denn über die Alpen
und Höhen, die rings das anmuthige Hochthal umschließen. Die Jägersleute
stehen in kaiserlichem Sold und haben ihr Auskommen, und auch das
genügsame Völklein der Holzknechte lässt keine Traurigkeit verspüren.
Tritt man Sonntags in die schmucken Wirtshäuser, so tönt allerwärts
Zitherklang und Steirersang dem Wanderer entgegen. Da sitzen sie dicht
beisammen, die Jäger und die Holzknechte, in ihrer schmucken Steirertracht
und es ist eine Lust zu schauen, wie schön die Tracht die lebensfrischen,
prächtigen Mannesgestalten kleidet. Reicher, sorgfältiger und feiner bei
den Jägern ist die Tracht, nahezu durchwegs die gleiche, von den Knaben
bis zu den silberhaarigen Greisen: Derbe, genagelte Schnürschuhe, grüne
Wadenstrümpfe und kurze lederne Kniehosen oder vereinzelt lange graue
Tuchhosen, grüne Westen, graue kurze Lodenjoppen mit grüner Fassung,
ein liellrothes Halstuch, grüner Steirerhut mit hellgrünem Bande und
Schildhahnstoß oder Gemsbart, das kostbarste Stück der ganzen Tracht
und den Stolz des Besitzers bildend.
Nahezu alle Wirtshäuser des Thaies drängen sich im Pfarrdorfe zu-
sammen und können dieselben wohl insgesammt 30—40 Sommergäste
beherbergen. Verwöhnten Gästen können sie noch kaum genügen, denn es
liegt noch alles im Werden und Schaffen, doch ist das intelligente Völklein
so willig und entgegenkommend, dass auch ein anspruchsvoller Sommergast
sich in der Radmer bald heimisch fühlen wird.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 1
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 1
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.45 x 21.56 cm
- Seiten
- 496
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918