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8 Das Tlial der Enns.
der l e t z t e n A u f f ü h r u n g des P a s s i o n s sp i e les in Steiermark
mitgewirkt haben, ihre langen Rollen wörtlich auswendig wissen.
Dass die Costümierung dieser Komödianten im Lodenrocke oft eine
•sehr drollige ist und gar arge Verstöße gegen Ort und Zeit der Handlang
zeigt, verschlägt dabei nicht im mindesten, da ja die Zuseher keinen Maß-
stab zum Vergleiche haben. Wo es nur irgend angeht, erscheint auch der
Hanswurst, der Lustigmacher. Diese Figur, der mittelalterliche Schalksnarr,
macht erst die Spiele durch seine derben Spässe und Schnurren volks-
thümlich und den Zusehern mundgerecht, und wenn der Kasperl mit seiner
Pritsche Prügel austheilt, jauchzt das Volk vor Lust.
Naheliegend ist ein großer Theil dieser Spiele religiösen Inhaltes,
wie das P a r a d e i s - und S c h ä f e r s p i e l , das Nico lo - , We i li-
na cht s- und Dr e ikö nigs sp iel , sowie die K r i p p e 1 sp i e 1 e. Diese
Spiele, wovon wir die ersten beiden schon im ersten Bande, Seite *43,
näher beschrieben haben, sind jedoch nebst dem bairischen H i e s e l s p i e l
in allen Gauen unserer Alpenländer heimisch gewesen und größtentheils
noch heimisch (das Paradeis- und Schäferspiel wurde am 2. Februar 1892
in Donnersbachau aufgeführt), dagegen sind das Sommer - und Winte r -
spie l , sowie das Spiel der v ie r L a n d s t ä n c ^ nur nocK im Ennsthale
und insbesonders in den Seitenthälern desselben bräuchlich. Beim ersteren
Spiele wird der Kampf zwischen Sommer und Winter unter Mitwirkung
des Bajazzo, des Hanswurst, dargestellt, wobei der Winter durch einen
hageren pelzumhüllten Mann, von dessen Barte und Haaren Eiszapfen
herabhängen, und der Sommer von einem gar leicht gekleideten Jüngling mit
einem Kranz aus Immergrün am Kopfe und die Mitte mit grünem Laub-
gewinde umschlungen, dargestellt wird. Der Text des hübschen Spieles
beginnt mit dem Spruche des Bajazzo :
Bajazzo: Loset auf und schweiget still,
Loset, was der Winter und Sommer anfangen will;
Loset auf jeder Seiten,
Wie der Winter und Sommer miteinander streiten.
Sommer: Es ist zugleich unser Frauentag,
Sonn' und Mond stehen unter der Wag'.
Dort auf der grünen Wiesen
Thun die Vöglein zusammenziesen.
Ich komme gleich von ungefähr
Als Jüngling nun einher,
Als Jüngling von zwanzig Jahren
Werd' ich mich offenbaren.
Auf meinem Haupte trag ich einen Kranz,
Der besetzt mit Rosen ganz,
Einen Gürtel mit Weinreben eingeflochten,
So komm ich dahergefochten.
Allerhand Früchte hängen an mir dran,
Nackend und- barfuß geh ich heran . . .
Der Wiuter schleicht sich hinter dem Sommer auf die Bühne. Der Bajazzo
macht durch eine Geberde diesen auf jenen aufmerksam. Während der Lustig-
macher durch allerlei Grimassen die Zuschauer zum Lachen reizt, fährt der Sommer
ernst, fort:
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918