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28 Palfau.
1. Am unteren Gamsstein ist die Frauenmauer zu sehen. Von derselben
wird erzählt, dass einst ein Hirtenjunge drei schöne Bergfrauen sah, welche ihm
seine Lämmlein abkaufen wollten. Dabei kam der Junge plötzlich in einen präch-
tigen Saal, in welchem die drei Bergfrauen saßen. Er musste nun mit ihnen ein
gebratenes Lamm essen, durfte aber dabei auf kein Knöchelchen beißen. Der Knabe
vergaß jedoch diese Warnung, und hiss auf ein Knöchelchen. Da erbebte der Berg
unter einem Donnerschlag und der Junge sah sich und seine Herde plötzlich
wieder vor der Felsenmauer, jedoch hatte eines seiner Lämmer ein gebrochenes
Füßchen. Als er in sein Dorf kam, sah er lauter fremde Menschen, nur ein altes
Weib erinnerte sich noch, dass ihr einst ihre Großmutter erzählte, dass einmal der
Schafhalter mit seinen Schafen nicht mehr nach Hause kam.
2. Schatz bei der B au e rnli ütt e. Als einst eine Tochter vom Heben-
streithof in der Christnacht von der Mette nach Hause gieng, sah sie an der
Salzabrücke plötzlich eine verschleierte Frau sitzen, die sie bat, dem Hündchen,
welches auf einer Kiste saß, den Schlüssel, welchen es im Bachen hielt, zu ent-
reißen, jedoch erschrak das Mädchen vor dem Wiithen des Hündchens und floh
nach Hause; aber da hörte sie die Frau klagen: Nun muss ich wieder so lange
warten, bis an dieser Stelle ein Baum wächst, aus dessen Holz eine Wiege ge-
zimmert wird und das erste Kind, das in diese Wiege gelegt wird, in der Christ-
nacht hier vorübergeht und dem Hündchen den Schlüssel wegnimmt.
3. Am todten Mann. Am Fuße des Akogels heißt es beim todten Mann
Über den Ursprung dieser Benennung meldet die Sage, dass einst oft nächtliche
Wanderer ein Mann ohne Kopf begleitete. Um diese Zeit geschah es, dass plötzlich
ein Holzknecht verschwand. Nach Jahren, als die Holzknechte am Fuße des
Akogels arbeiteten, geschah es, dass man plötzlich am Hut eines Vorarbeiters ein
Knöchelchen bemerkte, es gieng von Hand zu Hand und begann, als es ein alter
Holzknecht in die Hand nahm, zu bluten. Da erbleichte der Mann und gestand,
dass er den verschollenen Holzknecht erschlagen habe ; wenige Minuten später war
er eine Leiche.
4. Mehrere Sagen behandeln das Raffelmandel, ein gespenstiges Männ-
chen, welches bald klein, bald wieder riesengroß armen Waldleuten erscheint, sie
mit wertlosen Sachen beschenkt, die sich später aber in Silber únd Gold ver-
wandeln, aber auch dieselben ums Leben bringt (daran erinnern mehrere Wegkreuze).
5. Spitzhütel lässt das Grünhütel grüßen. Einst sah der Flossen-
führer des Hallensteiner Gewerken Martin Weingarth bei der Raffelbrücke ein
Männchen sitzen, welches ihm zurief, er möge auf der Zwislbrücke in den Wald
rufen: Das Spitzhütel lässt das Grünhütel grüßen und ihm sagen, der Weingarth
ist gestorben. Der Lohn für die Botschaft liegt unter der Brücke. Der Knecht
befolgte den Auftrag, fand aber unter der Brücke nichts als Hufnägel, wovon er
eine Handvoll einsteckte. Heimgekommen hörte er, dass sein Herr gestorben sei,
und als er die Nägel aus der Tasche zog, war es lauteres Silber.
6. Feuer am Akogel. Als eine Magd im Amtshause einst kein Feuer
machen konnte, erblickte sie einen Feuerschein am Akogel. Sie ging nun immer
dem Licht nach, bis sie zu einer verschleierten Frau kam, die ihr bedeutete, die
vor ihr liegende Glut zu nehmen. Doch nahm die Magd nur einige Glutstücke.
Da hörte sie die Frau jammern: Tausend und noch einmal tausend Jahre muss
ich nun wieder auf meine Erlösung warten. Als die Magd nun die Kohlenstücke
aus der Pfanne nahm, sah sie, dass es lauteres Gold war. Sie gründete sich davon
ein eigenes Besitzthum und wurde die Stammmutter der Reichenpfader.
7. Der heil. Ge or gius musste, als er über Palfau nach N.-Oesterreich
wanderte, von der Nacht überrascht, unter der Harteisbrücke übernachten, daher
wird das Georgifest in Nieder-Oesterreich um einen Tag später gefeiert, als in
Steiermark.
8. Eine Viertelstunde innerhalb der Drehfeldbrücke sieht man eine große
Kohlstätte nahe der Straße, die nach Wildalpen führt. Rechts von der Straße
steht eine Hütte, die allgemein die Fuchs geiger h ütt e genannt wird, weil man
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918