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96 Stainacli-Pürgg.
Die Gemälde der Südwand stellen das Opfer des neuen Testamentes, die Mensch-
werdung Christi dar u. z. Verkündigung Mariens, dem h. Josef erscheinen die
Engel, Geburt Christi mit der Hirtenscene, dementsprechend zeigt die Nordwand
das Wunder der Brotvermehrung und die fünf klugen und die fünf thörichten Jung-
frauen mit Füllhörnern (Lampen) in Händen. Reich ist der Altarraum bemalt, mit
dem h._ Johannes dem Täufer, zwei Bischöfen und Königen; in der Mitte der von
vier Männern, die die Volksrassen darstellen, getragenen Flachkuppel zeigt sich das
Lamm Gottes umgeben von den vier Zeichen der Evangelisten. Die Zwischenräume
sind mit allerlei romanischen Motiven ausgefüllt. Anfangs an der Südwand zeigt
sich noch die ganz merkwürdige Darstellung einer Stadt mit Thürmen und Ring^
mauern, die von gerüsteten Ratten vertlieidigt und von ebenso bewehrten. Katzen
angegriffen wird. Eine mystische Darstellung, die noch der Lösung harrt.
Alle Darstellungen sind in kräftigen, farbensatten Tönen gehalten und zeigen
dieselben ernste Würde. Um die Wiederherstellung durch die k. k. Central-
commisson in Wien hat sich auch die Familie Fürst Hohenlohe Ver-
dienste erworben.
Nun zur Geschichte des Ortes und der Dekanatskirche :
Urkundlich um 1160, als Gruscharn erwähnt, hatte Pürgg mit dem landes-
fürstlichen Schlosse, Castrum (mehrmals Residenz der Ottokare) als Thalsperre eine
große Bedeutung. Der Pfarrsprengel umfasste das ganze Hinterland bis über Aussee
hinaus und hatte hier ein Archidiakon seinen Sitz. Die reiche Pfründe wurde auch
immer nur an sehr angesehene Männer wie dem Hofkaplan Pisteroff (1369), einem
Graf v. Hohenzollern (1381), dem Probst zu St. Stefan in Wien und kaiserl. Kanzler
Conrad Czeidler f 1442 etc. vergeben.
Im J. 1490 kam das Gut Pürgg mit der jeweilig in Millstadt herrschenden
Ordensgemeinde in Besitz der Georgsritterund am 16. Mai 1599 bestimmte Erzherzog
Ferdinand Millstadt mit Pürgg zu einem Theile der Dotation für das Grazef
Jesuitencollegium. Nach Aufhebung des Jesuitenordens 1773 kam Pürgg an den
k. k. Studienfond, um am 9. April 1827 von dem Besitzer v. Großsölk Max Gronigg
um 8010 fl. erworben zu werden.
Die Pfarr- und Decanatskirche, angeblich 1130 geweiht, hatte ursprünglich
die regelmäßige Anlage einer 3schiffigen romanischen Basilika mit überhöhtem
Mittelschiff, mit dem Chorquadrat die Seitenschiffe mit Apsiden abgeschlossen. Dem
Mittelschiff wurde eine mächtige Thurmanlage, noch stark in das Schiff einspringend,
vorgebaut. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Kirche durch Abreißeq
des halben Chorquadrates und Anbau eines gothischen Chores derart erweitert, dass
die Kirche eine volle innere Länge von 34-75 m. bei einer Breite von 5*69 in. im
Chore und 15-17 m. in den Schiffen hat. Kurz darauf dürfte das Mittelschiff mit einem
Netzgewölbe versehen worden sein. Damals wurde auch das n. Seitenschiff erhöht
und darauf ein Empore mit einem Altar mit schöner fig uraler Brüstung
angebracht. Diese Brüstung zeigt das Brustbild eines Pfarrers, wahrscheinlich des
Conradus Szeidler, f 1442 (Probst zu St. Stefan in Wien, dessen prächtiger Grab^
stein im s. Seitenschiff), zwischen den Wappen Steiermarks und Habsburgs.
Die Jesuitenperiode verdrängte den alten Kirchenrath und ersetzte ihn durch
barocke Altarbauten. Interessant: drei Betstühle, Sacristei und Taufsteingehäuse.
Von der romanischen Periode sind erhalten: das Westportal mit
altem Thorbeschlag, die die Schiffe trennenden Arkaden und die Oberlichtfenster
der N.-Seite des Mittelschiffes und die 2 Apsiden. Gothische Periode: Mensa des
Hochaltares, schöner Taufstein v. 1483, ein Crucifix v. 1487, 3 gothische Statuen
im s. Seitenschiff, Glasgemälde im mittleren Chorschlussfenster mit Darstellungeit
aus dem Leben Jesu. Besonderes Interesse verdienen die Holztafelgemälde, wovon
2 kleine in dem Altaraufsatz der Empore eingelassen sind, die kunstvolleren großen
jedoch im Pfarrhofe aufbewahrt werden. Diese zeigen in realistischer Darstellung
Heiligen- und Märtyrerscenen. Außer dem erwähnten prächtigen Grabstein des Conrad.
Szeidler befinden sich noch nachstehende Grabsteine in und außer der Kirche : Der
Brüder Franziscus und Jörg v. Stainach, f 1516 und 1517, des Hanns von Herber-
stein, t 1585, des Christof Praunfalk zu Neuhaus von 1602.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918