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130 Schladming.
Sie fuhren im feurigen Wagen durch die Luft zum Ahornsee, wo der Schmied mit
seinem Handwerkszeug einer langen Reihe von liederlichen Dirnen und Weibern die
Knie mit Hufeisen beschlagen musste; die letzte war sein eigenes Weib. Noch
heute findet man in der Umgebung der Scheichenspitze Hufeisen. (Diese rühren
wohl von dem Saumwege her, welcher durch die Feisterscharte über den Stein
nach Hallstatt führt.)
Bergmannssage von Giglach see. Inmitten des Giglach sees
befindet sich eine kleine Insel, auf welcher einst ein nettes Fischerhäuschen stand,
welches zeitweilig von der Besitzerin der umliegenden reichen Silberbergbaue,
bewohnt wurde. Mit ihrem großen Reichthume verband sie aber ein gar seltsames
Wesen. Wenn sie nämlich den Bergknappen die schuldigen Löhne auszahlte, so
traf sie mit einem Griff in den Beutel den richtigen Betrag, ohne ihn zu sehen
oder zu zählen.
Als sie wieder einmal anwesend war, und über die ergiebige Quelle ihres
Reichthums Betrachtungen anstellte, that sie den kühnen Ausspruch, dass es bei
ihr eine Unmöglichkeit sei, zu verarmen. Dann trat sie hinaus an das Ufer der
Insel, zog einen wertvollen Ring vom Finger, warf ihn weit hinaus in den See mit
den vermessenen Worten: „Ebensowenig wie der See meinen Ring zurücksendet,
ebensowenig werde ich je arm werden."
Lange Zeit nachher, als man sie eben wieder erwartete, wurde ein großer
Fisch im See gefangen und siehe, im Bauche desselben fand sich der Ring. Bei
ihrer Ankunft brachte man ihr auf einem Teller den Ring. Beim Anblicke desselben
erblasste sie, denn nun wusste sie, dass das Maß ihres Reichthumes voll sei. Es
bestätigte sich bald. Einst als die übermüthigen Knappen wieder in der nahen
Hopfriese ein wüstes Zechgelage abhielten, kamen sie auf den unseligen Gedanken,
einen Stier bei lebendigem Leibe die Haut abzuziehen und ihn dann seinem
Besitzer zuzustellen. Ohne der warnenden Stimme eines Blödsinnigen Gehör zu
schenken, wurde das tolle Vorhaben ausgeführt, und mit abgezogener Haut trieben
sie nun das arme Thier singend und johlend fort. Doch schon nach etwa zwei-
stündigem Marsche stürzte der so furchtbar gequälte Stier todt zusammen. Diese
fluchwürdige That sollte nicht ungerächt bleiben.
Anderen Tages als die unmenschlichen Knappen zur Schicht in die Stollen
einfuhren und unter rohem Scherze ihre grause That belachten, stürzte plötzlich
schreckensbleich der Blödsinnige aus der Grübe mit dem Rufe: „Der Giglach kommt!"
„Der Giglach kommt!" Da sah er am Bergrücken ober den Stollen ein Bergmännchen
stehen, welches die furchtbaren Worte sprach: Giglach Giglacli, mach die Gruben
zu! die Knappen treiben Übermuth. Bald sahen die Knappen, die auch diese
Warnung des Blöden verspotteten, zu ihrem Schrecken, dass die Worte desselben
zur Wahrheit wurden. Von allen Seiten ergossen sich die Wässer des Giglachsees
in die Schächte und alle Knappen fanden darin ihren Tod. Nur der Blöde hatte sich
gerettet. So waren die reichen Silbergruben der seltsamen Frau für immer ersäuft,
und konnte nie mehr hier ein Bergbau erhoben werden, und auch der Name der
Frau gieng mit der Zeit verloren. Noch sieht man die Insel mitten im See, doch
das Häuschen ist verfallen, und die wilden Stürme, die da oben hausen, fegten die
letzten Spuren in den stillen Alpsee.
Lindwurms age: Im Rissaclisee haust ein Lindwurm, der einst gesehen
wurde. Er gräbt sich gegen Schladming durch; wenn er am Fastenberg bei vlgO'
Harreiter einmal herauskommt, so werden die Wasserfluthen Schladming vernichten.
Kunst: In Schladming lebt die bekannte Blumenmalerin Pauline Halm,
geboren am 28. März 1842 in Wien, als Tochter des k. k. Landesgerichtsrathes
Dr. Flechner und dessen Frau Flora, geborenen von Gersdorff. Schon von Jugend
an sich mit Vorliebe mit Zeichnen und Malen beschäftigend, widmete sie sich nach
ihrer Übersiedlung nach Schladming ganz der Blumenmalerei und trat 1865 unter
dem Pseudonym Halm mit Erfolg in die Öffentlichkeit. Im Jahre 1871 errang sie-
auf der Londoner Weltausstellung mit einem großen Blumenstück und später auch
auf vielen anderen Ausstellungen Auszeichnungen. Wiederholt nach Wien zurück-
gekehrt trat sie mit Führich, Friedländer und von Selleny in Berührung.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918