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138 Schladming.
von Leib und Leben nicht betreten zu lassen. Ein Jahr später versammelten sich
die Commissäre, und zwar Andreas Freiherr von Herberstein, Abt Johann IV.
von Admont, Kammerrath Alban von Mosheim und Friedrich von Paar am
14. October 1599 zu Leoben und zogen vorerst unter starker militärischer Bedeckung
nach Eisenerz, Gröbming, Aussee und Schladming, und kehrten durch das Palten-
und Liesingthal zurück, die noch anwesenden Prädicanten vertreibend, wobei die
katholischen Priester eingesetzt, die lutherischen Bücher verbrannt, mehrere prote-
stantische Kirchen zerstört und die Bevölkerung vor die Wahl gestellt wurde, ent-
weder zur katholischen Kirche zurückzukehren, oder das Land mit Rücklassung
eines 10%igen Abfahrtsgeldes binnen 6 Wochen und 3 Tagen zu verlassen; dazu
wurden zur Einschüchterung der Bevölkerung noch überall hohe Galgen errichtet.
Damit war die Macht des Protestantismus gebrochen, die Masse der Bevölkerung
erklärte, zur katholischen Lehre rückzukehren und nur wenige erbsässige Bürger,
mehrere hundert Knappen und der größte Theil des Adels entschlossen sich —
auszuwandern.
Am 16. December 1599 fand unter dem Vorsitze des Fürstbischofs von
Sekau, Martin Brenner, eine neue Berathung zu Leibnitz zur Durchführung der
weiteren Maßregeln statt und am 16. März 1600 setzte sich eine neuerliche
Commission, durch den Regierungsrath Costade und den Hauptmann der militärischen
Bedeckung, Ch. R. v. Prank verstärkt, abermals gegen Obersteier in Bewegung
und nahm ihren Weg durch die Gegend des Murthaies, um zuletzt sich über die
Stubalpe nach Voitsberg und von hier nach Mittel- und Oststeiermark zu wenden.
Am 23. Juni kam die Commission abermals nach Eisenerz, wo sich 15 Rad-
meister und Bürger zur Auswanderung entschlossen und am 28. Juni nach Radmer,
am 1. Juli nach Landl, Gams, Palfau, St. Gallen, und am 4. Juli nach Schlad-
ming, um die neuerlich aufgetauchten Regungen des Protestantismus gänzlich zu
unterdrücken.
Hiebei meldeten sich in Schladming 110 Knappen und 23 Bürger zur Aus-
wanderung, eine relativ sehr große Zahl. Von Schladming nahm die Commission
ihren Weg über Irdning, Mitterndorf, Aussee, Pürgg, Rottenmann, Lassing, Oppen-
berg, Liezen, Leoben, Bruck nach Kindberg und Veitsch, durch das ganze Mürz-
thal, und kam am 21. Juli nach Graz, wo ein zweitägiger Festgottesdienst den Ab-
schluss der Thätigkeit der Commission bildete. Damit war die Macht des Protestan-
tismus in Obersteiermark gebrochen und die rückgebliebene Bevölkerung wieder
zur katholischen Kirche zurückgeführt.
Aber die Lehre Luthers hatte unter dem Landvolke, namentlich des Enns-
thales bis in das Paltenthal hinein so feste Wurzel gefasst, dass in vielen abge-
schiedenen Gebirgsthälern und auf der Hochebene der Ramsau, am Fuße des
Dachstein, der Funke unter der Asche bei einzelnen Bauernfamilien fortglimmte.
In ausgehöhlten Baumstämmen und in Felshöhlen fanden die lutherischen Er-
bauungs- und Gesangsbücher, sowie die Bibel, ihre Verstecke, und wenn da der
Samstag-Abend kam, holte der Hausvater, nachdem Thüren und Fenster sorgfältig
verschlossen waren, die Bücher aus dem Verstecke und setzte sich an den Ehren-
platz des Tisches. Alle Hausgenossen versammelten sich um ihn. Dann las jener
ein Capitel aus der heiligen Schrift und eine Predigt vor und erklärte solches den
Seinen. Zum Schlüsse wurde gebetet und gesungen. — Gar oft erreichte das Auge
eines Spähers dieses Treiben der zähen Anhänger Luthers, und namentlich fand
der Dechant von Haus vielfach Anlass, über die der geheimen Anhängerschaft an
dem Protestantismus Verdächtigen bei der Behörde Klage zu führen. Confiscation
der Andachtsbücher, Geld- und Freiheitsstrafen und öffentliche Kirchenbusse waren
sodann die sichere Folge. Namentlich wurden aber auch Glaubensverdächtige nach
dem Conversionshause der Jesuiten in Judenburg gebracht. Auch verfielen derlei
Glaubensverdächtige der Zuchthausstrafe.
Im J. 1752, am 10. Januar, befahl Maria Theresia die Abhaltung be-
sonderer Missionen für das Volk zu Pürgg, woselbst sich 300 Einwohner lutherisch
erklärt haben sollen. Auch von Irdning, Liezen und Öblarn liefen Berichte ein,
dass sich die Zahl der Glaubensverdächtigen immer mehre.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918