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Schladming. 139
Zahlreiche Familien waren im Laufe der Jahre des Glaubens halber aus-
gewandert, zumeist nach SiebenbĂĽrgen, standen aber mit den RĂĽckgehliebenen in
steter Beziehung.
Namentlich aber war die Hochebene der Ramsau ein Asyl des Luther'
tliums geworden, doch wussten die Bewohner ihre wahren GefĂĽhle so zu verheim-
lichen, dass der daselbst seit 1747 angestellte katholische Vicar vollkommen
getäuscht wurde. Die Nachfolger des ersten Kulmpfarrers Franz Anton Marclius
ahnten wohl die wahre Gesinnung ihrer Pfarrkinder, hatten aber nicht mehr die
Macht, sie zu ändern.
Da erschien am 13. October 1781 das Toleranz-Edict Kaiser Josefs IL,
welches in allen Gemeinden des Reiches verkĂĽndet wurde. Als am 21. December
(Thomastag) die Ramsauer Unterthanen des Stiftes St. Peter in Salzburg ihre
Abgabe in das herrschaftliche Pflegamt zu Pichl bei Schladming brachten, theilte
der Pfleger den Bauern die VerfĂĽgung Kaiser Josefs mit. Dazu meinte nun der
Reiterbauer Jakob Prugger: „Herr Pfleger, das haben wir jetzt aber wohl einmal
gern gebort." Der Pfleger fragte ihn nun, ob es denn wirklich auf der Ramsau so
Adele Protestanten gebe, worauf Prugger erwiderte : „Ja freilich, Avir sind eben alle
lutherisch." Thatsächlich erklärten nun auch sämmtliche Familienväter, mit Aus-
nahme von dreien, sammt Weib und Kind und dem Gesinde, zur evangelischen
Confession ĂĽberzutreten.
Hierauf erfolgte von April bis Juni 1782 die Examinierung der Declaranten
von der in Haus aufgestellten Religions-Commission. Da die zur Constituierung einer
protestantischen Gemeinde erforderliche Zahl von 100 Familien mit 500 Personen
reichlich vorhanden war, so machten sich vorerst ZAvei Ramsauer, Rupert Tritscher
und Johann Findenigg, auf den Weg, um einen Pastor zu suchen. Sie fanden ihn
in Regensburg in der Person des Candidateli Samuel Karl Tobias Hirschmann aus
Krailsheim. Am 24. Juni 1782 kam hierauf Hirschmann, der erste Toleranzpastor
in Steiermark, in seiner neuen Gemeinde an, doch erfolgte die landesfĂĽrstliche Be-
stätigung desselben erst im Herbste 1782. Am 13. October 1782 langte das Decret
ein und am 17. November erfolgte die feierliche Installation des neuen Pastors
durch den Pfleger von Haus, Philipp von Edlingen.
Der Gottesdienst wurde in erster Zeit in einer zum Bethause adaptierten Scheune
des Mayerhofgutes gehalten; doch schon im nächsten Jahre wurde ein zAveckent-
sprechendes, geräumiges Bethaus aus bestem Material, sammt PastorsAArohnung, ca.
% Std. AV. vom Kulm am sogenannten Pehabgute erbaut und am 10. Sonntage nach
Trinitatis 1783 eingeAveiht. Dieses Toleranzbethaus diente noch bis 15. Aug. 1895
als Betbaus der Gemeinde. Wenige Schritte n. davon steht die neue schöne Kirche.
Auf der Ramsau leben 1158 Evangelische neben 63 Katholiken und zwar im besten
Einvernehmen miteinander. Das katholische Vicariai wurde in den fĂĽnfziger Jahren
aufgelassen, jedoch 1876 wieder errichtet. Die Pfarrkinder desselben besteben aus-
schlieĂźlich aus Dienstboten und deren Kinder.
Die Reihenfolge der mehrfach aus Deutschland berufenen Pastoren war:
S. C. T. Hirschmann 1782—1787; J. 0. Overbeck 1787—1798; P. Prugger
1798—1811; Karl Maisch 1811 ; J. Christoplii 1812-1815; H. Häupter 1815—1824;
A. Zlik 1824—1828; J. Atzendorfer 1828—1841; E. Mücke 1841 — 1854; J. K.
Bertel 1854—1856; C. Babirath 1856—1858; Dr. B. Czerwenka 1858—1874;
E. T. J. Diez 1874—1878; P. T. Kotschy 1878—1882f; E. F. J. Diez 1883—1885f;
C. R. Hilpert, 1886—1895; seit April 1895 J. JungmajT, von denen insbesonders
Czeiwenka und Kotschy sich um die Gemeinde verdient machten.
AuĂźer der Gemeinde Ramsau constituierten sich in Obersteier evangelische
Gemeinden noch in Schladming im FrĂĽhjahre 1783 (Pastor M. Schmal, derzeitige
Seelenzahl 1800), in Gröbming (bis 1852 zu Schladming gehörig) 1852(1. Pastor Jos.
Pultar, derz. Seelenz ahi 720), in Wald, mit den Filialen Gaishorn, GrĂĽnbichl und
einer Diaspora von groĂźer Ausdehnung, circa 600 zerstreut Avohnende Protestanten
umfassend, g. 1795 (1. Pastor Michael Schmal, derz. Gesammtseelenzahl 1950).
Die vier obersteirischen protest. Gemeinden haben vein eigenes Seniorat, Avelches
seit 1875 II. J. G. Kotschy zu Wald bekleidet.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918