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196 Alt-Aussee.
desto inhaltsschwerer und gedankenreicher und erheben sieb Pollhammers Arbeiten
oft zu einer Höhe, welche sie den besten deutschen Dichtungen anreihen.
Aussee kann sich aber auch rühmen, der Geburtsort eines Schriftstellers und
Gelehrten zu sein, dessen in Österreich und Deutschland längst bekannter Name heute
auch im sonnigen Griechenland wie im eisigen Island gleich geläufig, ja geradezu
gefeiert ist: J. C. Poestions. Josef Calasanz Poestion wurde in Aussee am 7. Juni
1858 in dem Häuschen Nr. 84 am Beginn der Grundelseestraße als der Sohn des
k. k. Salzoberamtscontrolors Anton Poestion geboren. Nach Vollendung der Volks-
schule kam Poestion in das fürstbischöfliche Knabenseminar zu Graz. Hier erhielt
er, wie Poestion so gerne und voll Dankbarkeit für das Institut betont, nicht nur
die feste Grundlage für seine weiteren umfassenden Studien, sondern fand auch
die wohlwollendste Förderung seines schon damals zutage getretenen schrift-
stellerischen Talentes. Da er aber nicht mehr den Beruf zum Priester in sich
fühlte, trat er nach der siebenten Gymnasiale!asse aus dem Seminare aus und
vollendete seine Mittelschulstudien am I. Staatsgymnasium zu Graz. Hierauf
absolvierte er die philosophischen Studien als Germanist und Philologe an den
Universitäten Graz und Wien, um sich sodann dem Berufe eines Schriftstellers zu
widmen. Poestions erste Publicationen entstanden auf dem Gebiete der altclassischen
Literatur- und Culturgeschichte. Es waren dies die Werke: „Griechische Dich-
terinnen", 1876, „Griechische Philosophinnen", 1887, welche er noch als Student
geschrieben, und zum Tlieile auch die Sammlung von Essays: „Aus Hellas, Born
und Tliule", 1887. Bald aber wandte sich Poestion von Hellas dem skandinavischen
Norden zu, und zwar den Gebieten der nordischen Linguistik, Cultur- und
Literaturgeschichte, sowie des Volksthums überhaupt, vor allem aber dem so-
genannten Altnordischen. Durch den gewiss sehr merkwürdigen Umstand, dass die
altnordische Literatur gerade auf der rauhen Insel Island, diesem weltab-
geschiedenen, feuergeborenen „Eislande", zur höchsten Entwickelung gelangte und
hier in den „Sagas" jene wunderprächtige Blüte trieb, der kein anderes germa-
nisches Volk etwas Ähnliches an die Seite stellen kann, wurde Poestions Augen-
merk auf dieses Land gelenkt, das auch eine moderne, originelle und wertvolle
Literatur besitzt, von deren Existenz aber die übrige Welt gar keine Ahnung zu
haben schien.
So entstand Poestions Vorliebe für Island, der wir seine „Isländischen
Märchen" (1834), seine Übersetzung der lieblichen Novelle Jon Th. Thoroddsens
„Jüngling und Mädchen" (1883), seine Übertragung einer großen Anzahl neuislän-
discher Gedichte, seine zahlreichen Aufsätze über isländische Verhältnisse, insbe-
sondere über Dichtkunst und Literatur, sowie endlich sein Hauptwerk „Island,
das Land und seine Bewohner" (1885), die beste geographisch-ethnographische
Arbeit über Island, die überhaupt existiert, zu verdanken haben. Dabei war
Poestion auch einer der, ersten in Deutschland, welche auf die hohe Bedeutung
der modernen skandinavischen Literaturen, nämlich der norwegischen, schwedischen
und dänischen, mit dem energischesten Nachdruck hingewiesen haben. Er führte
auch selbst durch Übertragungen mehrere der hervorragendsten skandinavischen
Dichter zuerst in die deutsche Literatur ein, so die Norweger A. L. Kielland und
Christ. Elster, wie den Dänen Rudolf Schmidt; er brachte den genialen Holger
Drachmann, den größten dänischen Poeten der Jetztzeit, bei uns erst zur richtigen
Geltung. Durch seine Vermittlung als Übersetzer hielt auch der gefeierte Nor-
weger Ibsen den Einzug ins Wiener Burgtheater („Ein Volksfeind"). Gehört
Poestion so zu den ersten Bahnbrechern für die nordischen Literaturen, so hat
doch gerade er wiederholt vor zu weitgehender Überschätzung derselben zum Nach-
theile unseres eigenen Schriftthums gewarnt. — Hier sei endlich noch bemerkt,
dass Poestion auch eine hochinteressante Sammlung: „Lappländische Märchen,
Volkssagen, Räthsel und Sprichwörter" (1886) herausgegeben bat.
Poestion war bestrebt, die Kenntnis der betreffenden Sprachen selbst dem
deutschen Publicum durch neue, den Anforderungen der modernen Linguistik ent-
sprechende skandinavische Grammatiken zu vermitteln. Er verfasste zu diesem
Zwecke — außer einer „Einleitung in das Studium des Altnordischen" in 2 Bänden
(1882 und 1887) — eine „Dänische Grammatik" (1888), eine „Schwedische Gram-
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918