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Rottenmann. 227
communication und mussten sich dieselben in der Weihnachtswoche des öffentlichen
Gottesdienstes enthalten, wie auch infolge des Interdictes mehrere Leichname vor
den Häusern unter Anzünden von Lichtern aufgestellt wurden, da sie auf dem
Gottesacker nicht beerdigt werden durften. Trotz des Eintreffens von Sendboten
mit Bullen des Papstes und des Kaisers, womit die Chorherren in den Besitz der
Stadtpfarre eingesetzt wurden, konnten die Chorherren, nachdem die Weltpriester
von dem Besitze der Pfarre nicht wichen, nicht in den Besitz der Pfarre kommen.
Das Volk wollte von den Chorherren nichts wissen, und nahmen die Bauern die
Kirchenschlüssel zu sich und vertrieben die Chorherren.
Der Probst musste mit seinen Chorherren in das Kloster außer den Stadt-
mauern zurückkehren. Nun sandte der Kaiser ein Fähnlein von 24 Mann unter
Führung eines Hauptmannes nach Rottenmann, um die Chorherren mit landesfürst-
licher Gewalt in den Besitz der Pfarre zu setzen.
Die Weltgeistlichen wurden nun vertrieben und den Bürgern hei Leibes-
strafe verboten, sie aufzunehmen und zu beherbergen und musste die Stadt den
Chorherren Gehorsam geloben. 11 Bürger wurden hei diesem Rumor verhaftet,
wovon 3 nach Graz gebracht wurden, wo sie enthauptet worden wären, wenn nicht
Dietz sich für sie heim Kaiser verwendet hätte. Auch der Erzbischof von Salzburg
blieb dem Wunscjie des Kaisers und der Intervention des päpstlichen Legaten in
Wien, Cardinal Bessarion (1460) gegenüber nicht unversöhnlich und stimmte zuletzt,
unter Wahrung seiner oberhirtlichen Rechte, der Übernahme der Stadtpfarre durch
die Chorherren zu.
So entstand mit Mühe und Noth eine Klostergründung, die nie eine große
Bedeutung erlangen sollte und schon anfangs des 18. Jahrhunderts ihre Selbständig-
keit verlor, um 1785 von Kaiser Josef ganz aufgehoben zu werden.
Im J. 1479 begann die Demolierimg der ersten Klosteranlage und der Um-
zug des Klosters in die neuen, an die Pfarrkirche angrenzenden Stiftsbauten, welche
am 17. August 1480 feierlich ihrer Bestimmung zugeführt wurden.
Im J. 1514 wurde die Pfarre zu Irdning dem Stifte einverleibt; auch die
Mutterkirche Lassing, zu welcher die Filialkirche St. Veit in Liezen gehörte und
die Pfarrkirche in Oppenberg kamen um diese Zeit (1515) an das Stift.
Aber noch immer erfreute sich das Stift hei der Bevölkerung keiner Sym-
pathien und musste hei dem erwähnten Umzug der Chorherren in die Stadt aber-
mals der Pfleger von Wolkenstein mit bewaffneter Hand intervenieren.
Die Einverleibung dieser Pfarren brachte auch das Stift nicht nur mit dem
Erzbischofe von Salzburg, als auch später mit den Hoffmanns auf Strechau, welche
beide das Patronatsrecht über diese Kirchen, mit Ausnahme jener zu Irdning
geltend machten, in Streit. Johann Hoffmann, königl. Majestät Rath, Kämmerer,
Hauptmann in Neustadt und Burggraf in Steiermark, nahm diese Pfarre, kraft des
Rechtes der „Advocatur" für sich in Anspruch. Die Sache wurde durch einen für
das Stift sehr ungünstigen Vergleich geschlichtet, das Stift musste die Schirmvogtei
der Hoffmanns über diese Pfarren anerkennen und durfte die Besetzung dieser
Pfarre nur im Einverständnisse mit den Hoffmanns erfolgen. Dieses Patronatsrecht
benützten später die Hoffmanns, als unermüdliche Förderer des Protestantismus,
diese Pfarre (sowie jene zu Wald, Kallwang und Mautern) mit lutherischen Predigern
zu besetzen.
Aber auch innerhalb der Stiftsgemeinde gab es Unfrieden und 1545 verließ
plötzlich der Probst Georg Rizinger das Stift und begab sich nach Vorau, zu dessen
Probst er ernannt wurde.
Zu Allerheiligen 1557 verließ der neue Probst Georg Walcher gleichfalls
heimlich das verödete Stift, dessen Vermögensverhältnisse zerrüttet waren und diesen
Verhältnissen fiel eine ganze Reihe von Pröbsten zum Opfer.
Die Hoffmann beriefen lutherische Prediger von Nürnberg und Regensburg
auf ihre Pfarren und wurde Magister Schreckmelius nach Lassing abgeordnet mit
•einem Jahresgehalt von 200 fl.; er hatte noch einen Gehilfen mit 150 fl. Gehalt.
Diese beiden hatten die Kirchen von Lassing und Oppenberg zu versehen.
Die Klagepunkte des Stiftes über die lutherischen Prediger, sowie gegen
den Rath der Stadt und den Stadtrichter lauteten wie überall : „Die Verstorbenen
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Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918