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234 Strechau.
SchieĂlucken und einem hinter demselben aufstrebenden, unregelmĂ€Ăig geformten
wuchtigen Thurm, wohl bewacht wurde.
Von der Pforte gelangen wir in den langen aber schmalen Vorhof der Burg,
1. von einer an der Ă€uĂersten Felsenkante hinlaufenden Mauer mit SchieĂscharten
begrenzt. Nach circa 80 Schritten zeigt sich, schrÀg gestellt, die Front eines
niedrigen, aber starken Thurmes, der wohl bestimmt war, einen in den Burghof
eingedrungenen Feind zurĂŒckzuwerfen. Der Burghof hat sich hier ein wenig er-
weitert und uralte KastanienbÀume haben sich in den Felsen eingewurzelt und
umschatten mit ihrem weitausragenden GeÀste gar traulich das Forsthaus, ja auch
fĂŒr ein ZiergĂ€rtlein wurde dem Felsen ein PlĂ€tzlein abgerungen und zu ihm nieder-
steigend, erblicken wir an der Felsenmauer eine gar prÀchtige Brunn enni s che mit
Marmorbecken und zierlichem Bildschmuck. Nun stehen wir vor der eigentlichen
Hochburg. Zwischen zwei Baumriesen hindurchschreitend, ĂŒbersetzen wir abermals
eine ĂŒber den tiefen Schlossgraben gespannte BrĂŒcke und gelangen durch die lange
dĂŒstere Thorhalle in den Schlosshof. Ein mĂ€chtiger viereckiger Thurm an der
W.-Seite der Burg, dessen krÀftiger Bau durch die vielen verschnörkelten AnsÀtze
einer spÀteren Zeit an Ansehen sehr verloren hat, bildete das letzte und stÀrkste
Bollwerk der Vertheidiger und beschĂŒtzte die Pforte des Hauses.
Den schmalen Burghof ziert eine prÀchtige, in dreifacher Bogenreihe auf-
strebende Gallerie, deren schlanke Arkaden und Ballustraden aus weiĂem Marmor,
nach S. und 0. den Hof umschlieĂen. An 3 SĂ€ulen der 0.-Front zeigen sich
3 Wappen in Stein gehauen. Das Wappen in der Mitte mit der Inschrift:
âHinc. MDCXXIX" ist das der Familie Hoffmann, 1. das Wappen des Stiftes Admont
mit dem Worte âHuc" und r. das Wappen des PrĂ€laten Urban mit der Inschrift-:
âsub Hoc".
Der Arkadengang wurde im J. 1630 erbaut. Eine schöne Freitreppe fĂŒhrt
hinauf zu der Flucht der GemÀcher des 1. Stockwerkes. PrÀchtige Thiiren
mit reichem Intarsienschmuck in Esche und Ahorn, architektonische Motive be-
handelnd, und reich construierte Holzdecken erinnern an den Kunstsinn und den
Glanz, welchen einst der fĂŒrstliche Reichthum der Hoffmann hier entfaltete.
Ăffnet man die FensterlĂ€den, so zeigt sich noch unverĂ€ndert das herrliche
Landschaftsbild, welches durch ein Jahrtausend die Bewohner der Burg ergötzt
haben muss. Bald schweift der Blick ĂŒber Rottenmann hin, das ganze Paltenthal
hinab, bald gegen die Thalenge der Strechen, bald zu den Kalkriesen des
Ennsthales.
An der N.-Front der Veste begegnen wir einem Fenster, das noch eine
interessante gothische Umrahmung in Stein besitzt. Nun gelangt man in die
Schlosskapelle, deren Decke in Stucco-Umrahmungen eine Ă€uĂerst
zierliche ornamentale Bemalung (Scenen aus dem alten und neuen
Testamente) vom J. 1579 im Stile italienischer Hochrenaissance
zeigt. Im 2. Stockwerke betritt man zuerst den Rittersaal, dessen reich ornamen-
tierter steinerner ThĂŒrstock schon von auĂen ein Prunkgemach andeutet.
Eine schöne MarmorsÀule trÀgt die Decke, die prunkvoll mit Stucco und
Fresko reichst geziert ist. Die Wappen des Stiftes Admont und des Abtes Urban
verkĂŒnden, dass dieser Saal unter diesem baulustigen PrĂ€laten entstanden ist
(1628â1659'.
Die ThĂŒren der weiteren WohnrĂ€ume der Burg im 2. Stocke zeigen schon
den Charakter des 17. Jahrhunderts. An Stelle der Intarsia tritt Schnitzwerk, in
welchem das charakteristische Adlermuster oft wiederkehrt. Zuletzt gelangt man
noch zur Schlosskirche, ein ziemlich schmuckloser kleiner Bau spÀterer Zeit. Der
neue Besitzer Dr. Hofmeier in Wien und seine kunstsinnige Gemalin haben Strechau
wieder mit altem Hausrath malerisch bevölkert, Unschönes entfernt und die mÀchtige
Burganlage vielfach stylvoll ausgestaltet.
Strechau, schon urkundlich 1074â1084, somit vor acht Jahrhunderten,
als Strechowe etc. erwĂ€hnt, war eine der Ă€ltesten, wichtigsten und gröĂten Burg-
vesten des Landes und können die ersten Befestigungen des, die MĂŒndung des
Paltenthales in das Ennsthal beherrschenden Höhenzuges aller Wahrscheinlichkeit
nach den Römern zugeschrieben werden.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918