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282 Das Thal cler Mur.
einem Schlage den großen, weitverzweigten Organismus der alten Benedictinerabtei,
welche noch 1746 16.679 Unterthanen, darunter nicht weniger wie 750 Officiale
und Dienstleute des Stiftes zählte. Binnen kurzem war der prächtige in Jahrhunderten
angesammelte Hausrath, die kunstreichen Sammlungen, die wertvolle Rüstkammer,
, sowie, die ansehnliche Bibliothek und das Archiv nebst den Kirchenschätzen in
alle Winde zerstreut.
Nach 16 Jahren von Kaiser Franz wiedergegründet, kam neues Lehen in
die gewaltige verödete Stiftsanlage und 1808 entstand auch wieder das Stiftsgym-
nasium, welches vielen bedeutenden Männern die Fundamente classischer Bildung
gab. Heute zählt das Stift wieder über 30.000 Joch Grundbesitz und besetzt
18 Pfarren.
Wenn historisch nachweisbar, so müssten wir jetzt der Heerzüge der be-
rüchtigten Markgräfin Margarethe, genannt die Maultasche, gedenken.
Die neuere Forschung verbannt jedoch alle Überlieferungen von dem Ein-
falle der Maultasche aus dem Lungau und dem Murthale. Die schon im Lungau
allgemein verbreiteten Sagen über die Maultasche, welche bekanntlich 1320, nach
dem Tode ihres Vaters Heinrich des letzten Herzogs von Kärnten und Tirol, als
Kärnten als Reichslehen vergehen wurde, sich an die Spitze eines Heeres stellte
um im Bunde mit Herzog Heinrich von Baiern mit Waffengewalt ihre Ansprüche
auf Kärnten geltend zu machen und dabei mit furchtbarer Grausamkeit das Land
verheerte, erzählen allerlei Thaten der Markgräfin. So habe sie das große, heute
noch an der Thür der St. Cäcilienkirche haftende Hufeisen über die Mur mit
solcher Kraft geworfen, dass es an der Kirchenpforte hängen blieb, damals habe
sie auch das am sogenannten Schlossbühel am Eingange des St. Lorenzener
Grabens einst bestandene Schloss, sowie jenes, welches sich in Kaindorf erhob,
zerstört. Auch die Zerstörung des Höhlenschlosses Challons schreibt die Sage der
Maultasche zu, welche aber auch von einer Niederlage der gefürchteten Tiroler
Gräfin bei Teuffenbach meldet, bei welcher so viel Blut geflossen sei, dass die
Wahlstatt heute noch die Blutstät te genannt wird.
Verschonte auch der furchtbare Heerzug der Türken in den ersten August-
tagen 1480, welcher sich lawinenartig über Neumarkt in das Murthal ergoss, das
Gebiet von Murau, so brachte dafür die gleichzeitig ausbrechende Fehde des Erz-
bischofes Bernhard von Salzburg und des mit ihm verbundenen Königs Mathias
Corvinus von Ungarn gegen Kaiser Friedrich III. blutigen Streit und Drangsale
aller Art in die stillen Thäler des Murthalgaues, und mag der Taborhügel hei
St. Ruprecht, welcher durch einen unterirdischen Gang mit dem salzburgischen
Amtshofe in Verbindung stand, wahrscheinlich ein Werk der böhmischen Hilfs-
truppen König Mathias, in dieser Zeit entstanden sein. Namentlich waren es aber
der Lungau und Kärnten, wo der Kampf ausgetragen wurde und es ist mit aller
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass den sagenhaften Heerzügen der Maultasche
dieser Kampf zugrunde liegt. Friedrich hasste den Erzbischof Bernhard und gieng sein
ganzes Streben dahin, den Bischof Johann von Grann, welcher dem Kaiser große
Geldmittel zur Verfügung gestellt hatte, auf den erzbischöflichen Stuhl zu Salzburg
zu bringen. Bernhard hatte schon mit Friedrich seinen Rücktritt vom Salzburger
Metropolitenstuhle vereinbart, änderte jedoch unter dem Einflüsse des Bischofes
von Seckau und des Capitels zuletzt diesen Entschluss, um sich in den Schutz
des mächtigsten Feindes des Kaisers, des Königs Mathias von Ungarn zu begeben,
wofür er und der Bischof von Seckau alle ihre festen Plätze den Ungarn zu öffnen
hatten. Bald hierauf überschwemmte ein Heer von Söldnern, meist aus Polaken,
Böhmen, Raizen und Tartaren bestehend, ganz Kärnten und Steiermark, welche
im Vereine mit den kaiserlichen und den salzburgischen Söldnern die Gaue dieser
Länder auf das furchtbarste verwüsteten. Ebenso energisch wie Corvinus vorgieng,
ebenso unthätig und zaghaft war Friedrich, welcher es seinen Feldhauptleuten
überließ, sich mit den Feinden herumzuschlagen.
Zuerst wurde das salzburgische Schloss Fohnsdorf hei Judenburg
von den Kaiserlichen zerstört, hierauf aber Schloss Eppenstein von den Ungarn
überrumpelt. Vor Neumarkt lagen die Ungarn, bis plötzlich am Oswaldtag 1480
die Türken einfielen, da baten die Ungarn, nach Neumarkt eingelassen zu werden,
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918