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Das Thal der Mur. 285
Am 5. April 1797 sah Murau die ersten Franken und nochmals am 25. De-
cember 1800; beide Invasionen geschahen nur von Streifcorps und verliefen ziem-
lich glimpflich.
EigentĂŒmlich ungĂŒnstige Ziffern liefert die Statistik der Volksbewegung. So
fanden im J. 1888 437 uneheliche und 363 eheliche Gebarten statt, Avas theilweise
sich dadurch erklÀrt, dass hier erst auf je 198 Einwohner eine Ehe stattfand,
wÀhrend im Brucker Bezirke schon auf 140, im Leobner Bezirke schon auf 155
Einwohner eine Ehe kommt. Die Zahl der TodesfĂ€lle ĂŒbenviegt bedeutend jene
der Geburten und zeigt sich somit, nachdem eine Einwanderung bei dem Mangel
nahezu jeder Industrie nicht stattfindet, ein steter RĂŒckgang in der Bevölkerung.
Auffallend hoch ist die Zahl der Cretinen, Avovon 809 auf 100.000 EinAvohner ent-
fallen, wĂ€hrend in allen ĂŒbrigen Bezirken Obersteiers nur 391â490 auf die gleiche
Einwohnerzahl entfallen, ebenso ist die Zahl der Taubstummen, Avovon 378 auf
100.000 EinAvohner entfallen, eine enorm hohe.
Die Ursachen dieser Erscheinungen mögen in der Armut der Bevölkerung
zu suchen sein, die vielfach demoralisierend auf die socialen VerhÀltnisse einwirkt
und Unreinlichkeit in der HausAvirtschaft und VernachlÀssigung der Kinderpflege
im Gefolge hat.
SĂ€mmtliche, wenn auch geringe Industrie ist im ScliAvarzenberg'schen Besitz,
welcher sich von Jahr zu Jahr mehrt und riesige Waldcomplexe umfasst, daneben
vegetieren die vielen kleinen Grundbesitzer, die nur auf den Holzhandel und
die Viehzucht angewiesen sind. Die Bahnen haben alles Leben nach dem breiten
offenen Murboden hinausgezogen und nun stockt im Murauer Waldviertel ĂŒberall
Handel und Wandel.
Alle Hoffnungen sind daher bei diesen HintenvÀldlern auf den nun endlich
zu Stande gekommenen Bahnbau gerichtet, welcher die vereinsamten ThÀler des
Gaues wieder beleben soll.
» ZAvei SchÀtze aber birgt das Murauer Waldviertel, den herr-
lichen alten majestÀt isch schönen Hochwald und viele von Ur-
vĂ€ters Zeiten her ĂŒberlieferte VolksbrĂ€uche, wie sie nirgends
anderswo in Steiermark mehr zu finden sind.
War bisher bei dem Mangel einer Bahnlinie der Wald den vielen HolzhÀndlern
ĂŒberhaupt schon schwer zugĂ€nglich, so brachte es die rationelle For st Avirt-
schaft des riesigen fĂŒrstlich S chwarz enb erg's eben Waldb esitz es
mit sich, dass auf einer Seite ein prÀchtiger alter HocliAvald heranwachsen konnte,
wÀhrend auf der andern die mÀchtigen StÀmme gefÀllt wurden. Dies merkt der
Wanderer zumeist schon in Murau, wo ĂŒberall in nĂ€chster NĂ€he mĂ€chtige LĂ€rchen-
stÀmme mit Aveitausragendem GeÀste aufstreben.
Das alte Volksleben hat auf dem merkwĂŒrdigen Hochlande
der Krakau ein Asyl gefunden, nachdem es von den Bahn- und HauptstraĂen
immer mehr verdrÀngt wurde.
Es ist das AvaldgrĂŒne Vorland, welches sich im nordwestlichen Winkel der
Steiermark dem FuĂe des Zuges der Niederen Tauern vorlegt. Dasselbe wird von
den TauernbĂ€chen derart durchfurcht, dass eine Reihe schmaler RĂŒcken gebildet
wird, von welchen die Kirchdörfer aufragen. Weit ĂŒber das ganze Land schaut das
schneedurchfurchte Riesenhaupt des Preber, des geAvaltigen 8656 FuĂ hohen Grenz-
» pfeilers der Steiermark gegen den Lungau hinweg. Er steht auf vier goldenen SÀulen
und seine WĂ€nde sind innen von eitel Karfunkel, meldet die Sage. Dann folgen die
braungrĂŒnen Gipfelbauten und KĂ€mme des Tauernzuges, Avelcher gegen N. den stillen
AlpenAvinkel umsÀumt.
Einst kam der liebe Heiland mit seinen Aposteln und JĂŒngern auch nach
der Krakau. Diese Avunderten sich ĂŒber die Schönheit des Thaies und den herr-
lichen Wuchs der Fichten und LÀrchen, aber sie bedauerten auch, dass das schöne
Hochland noch von keinem Menschen bewohnt Avar, darum hat Petrus den Herrn, er
solle aus den BĂ€umen Menschen machen. Da befahl Christus den Aposteln, von den
BĂ€umen die Ăste herabzuhacken, er wolle dann aus denselben Menschen erschaffen.
Die Apostel tliaten dies in Eile, so dass bald nur die kahlen StÀmme gar
traurig da standen. Christus schuf nun aus diesen StÀmmen Menschen und so wurden,
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918