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290 Das Thal cler Mur.
Festspiel mit aller Derbheit der Sprache, aber auch aller Anmuth der Bewegung
des Tanzes, dessen Erhaltung eine Aufgabe aller Freunde alter Sitten bilden sollte.
Das Keiftanzspiel ist aller Wahrscheinlichkeit nach als Nachfolger des
Schwerttanzes der Bergleute zu betrachten und wurde in Steiermark an Bergwerks-
orten früher mehrfach aufgeführt. In Schöder bestand jedoch nie ein Bergwerk,
wohl aber im nahen Markt St. Peter am Kammersberg, wie auch in Turrach,
welches allerdings ziemlich entfernt von Schöder liegt, heute noch Bergbau be-
trieben wird.
Noch wäre des Bingens beim Pfingstbründel zu Schöder und auf
den Kirchweihfesten, so insbesonders bei der hochgelegenen Kirche St. Lorenzen
bei Katsch zu erwähnen, mit welchem sich die Burschen belustigen.
So bewahrt der stille Alpenwinkel des Decanates Schöder
noch einen Schatz alter Volkspoesie und von Urväters Zeiten
überlieferter Bräuche, die den einzelnen Thälern und den ver-
schiedenen Festen ihr charakterist isches Gepräge verleihen.
Der bisher vom Weltverkehr fast abgeschiedene Gau bewahrte aber auch
treu in seinen Gotteshäusern den kunstvollen Hausrath, welchen das fromme Mittel-
alter gestiftet und geschaffen hat. Die ersten Kirchenschöpfungen des 12. Jahr-
hundertes sind allerdings im Laufe der Zeiten gothisiert worden, aber was die
reiche Blütezeit der Gothik schuf, ist uns vielfach in voller Reinheit überliefert
worden. Weit über die vielen gothischen Kirchenbauten des Gaues ragt die von
Otto von Liechtenstein erhaute, 1296 eingeweihte St. Matthäuskirche zu
Murau hinaus als eine Perle der Frühgothik, welche noch ganz die
Grundideen der romanischen Basilika zeigt und heute als die interes-
sante Repräsentantin aus dem Anfange der Gothik in Steiermark zählt. Aus
späterer Zeit sind noch zahlreiche kleinere gothische Kirchenbauten vorhanden,
die als ganz charakteristisch für den waldreichen Gau sich flache gothische
Holzdecken im Schiffe erhalten haben, wie sie sich auch noch vielfach prächtige
geschnitzte oder bemalte Flügelaltäre bewahrt haben, so namentlich St. Egy den
bei Murau, St. Lorenzen, St. Cäcilia, Krakau dorf, bis Predlitz an
der Landesgrenze hinauf.
Die Lebensader des Gaues bildete die große, über Murau nach
Tamsweg und weiter über die Radstätter Tauern führende Handelsstraße,
(an deren Endpunkt auf steirischer Seite im Seethale ein kaiserliches
Amtshaus lag), auf welcher meist Eisen verfrachtet wurde, und der Saum-
weg, welcher das Katschthal aufwärts über das Sölkerjoch ins Ennsthal führt.
Die Hauptstation der Säumer, woselbst die Waren von den Pferden auf
Wägen umladen wurden, bildete St. P e t e r am Kammersbe rg , wodurch
sich die daselbst vorhandenen riesigen Stallgebäude erklären. Die Säumer
verfrachteten hauptsächlich Getreide ins Ennsthal und brachten Salz von
demselben herüber. Von diesem Umladen der Säumer gibt uns heute noch
ein F r e s k o b i l d am Krop fmar - W i r t s h a u s am Eingange des
Katschthales eine gute Vorstellung. Da, wo sich das gut cultivierte Katsch-
thal zu einem Alpengraben gestaltet, erhebt sich bei Baierdorf ein uralter,
schon im 13. Jahrhundert urkundlich erwähnter fester Thurm, auf welchem
bis zum Pressburger Frieden von 1805 die Pfleger des Erzbischofes von
Salzburg saßen. Der riesige feste Thurm, dessen eine Seite ein uraltes,
dem frühen Mittelalter entstammendes St. C h r i s t o f b i l d schmückt, war
früher von einem tiefen Graben umgeben und bildete ein charakteristisches
Beispiel der ältesten Burganlagen. Als den Pflegern später der Thurm zu
enge wurden, bauten sie unweit davon einen Amtshof, welcher heute jedoch
ganz in Ruinen liegt.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918