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Das Thal der Mur. 291
Unweit Baiersdorf schmiegt sich, von einer hohen schlanken Kirchthurm-
spitze überragt, das stattliche Pfarrdorf Schöder an die dunkle Waldlehne
In das J. 1146 fällt die letzte g r o ß e Klostergründung in Ober-
steier, die Gründung des Chorherrenstiftes zu St. Marein, respective Seckau
bei Knittelfeld durch Adalram von Waldeck, welches vom Salzburger Chor-
herrenstifte zu St. Rupert colonisiert wurde. Gleichzeitig entstand hier ein
Nonnenkloster, welches später durch die Stiftskirche vom Mönchskloster
getrennt war.
Die Klostergemeinde, welche ursprünglich zu St. Marein ihren Sitz
nahm, wanderte bald nach ihrer Gründung auf die höchste Erhebung des
Mareinerbodens, um hier die eigentliche Klosteranlage zu schaffen.
Mit p ä p s t l i c h e r Bul le vom 22. Jun i 1218 wurde die
E r r i c h t u n g e ines neuen B i s thums in S t e i e r m a r k mit dem
Si tz in Seckau bewi l l ig t und dadurch das Chorherrenstift Seckau
zur Wiege des heutigen Bisthums Seckau; damit wurde aber auch die
Stiftskirche bischöfliche Kathedrale und bildeten die Mitglieder des Stiftes
das eigentliche bischöfliche Consistorium. Unter dem 40. Propste hob
Kaiser Josef II. 1782 das Stift, welches damals 6 Pfarren und 2 Filialen
besetzte, auf. Als ehrwürdiges Denkmal des alten Domstiftes hat sich uns
aber die mächtige 1164 eingeweihte r o m a n i s c h e Bas i l i ka überliefert,
als schönstes und imposantestes Baudenkmal Steiermarks des 12. Jahr-
h u n d e r t s , welches in sich als herrlichsten Schmuck die mit fürstlichem
Prunk gezierte Grabstätte des für das Culturleben Steiermarks so wich-
tigen Erzherzogs Karl II. birgt. Auch auf der Stätte der ersten Siedlung
des Stiftes zu St. Marein erhob sich ein prächtiger gothischer Kirchen-
bau, welcher durch originelle und üppige Decoration zu den reizvollsten
mittelalterlichen Gotteshäusern des Landes zählt.
Der Murboden mit dem Pölser- und Pusterwaldthal war immer der
Sitz der A r i s t o k r a t i e des s t e i e r i s c h e n B a u e r n s t a n d e s und
findet man unter diesen Großbauern nicht selten interessante Charakter-
köpfe, welche an die römischen Caesaren mahnen. Hier ist der Hauptsitz
der Viehzucht des Murthaies, welche auch die Quelle der Wohlhabenheit
dieser Gegenden bildet.
Die f u r c h t b a r s t e n Tage e r l e b t e das Mur tha l im
J. 1480, wo in den e r s t en Tagen Augus t ein gewa l t i ge r
t ü rk i s che r Heer häufen auf f l inken Rossen durch die
E n g e n von E i n ö d aus K ä r n t e n in die S t e i e r m a r k ein-
brach und mit r a s e n d e r Schne l l i gke i t sich über den Mur-
tha lgau ergo ss.
Bei Judenburg trennte sich die Reitermasse, indem ein Theil nördlich
über Hohentauern ins Paltenthal zog, der zweite Theil über Obdach sich ins
Lavantthal ergoss und der dritte Theil das Murthal abwärts streifte. Die
ins Paltenthal eingebrochenen Horden mussten angesichts der starken Burg
Strechau umkehren, ohne in das Ennsthal ausbrechen zu können und so
wandte sich die Reiterschar wieder östlich gegen den Walder Sattel, um
.sodann das Liesingthal mit Feuer und Schwert zu verwüsten.
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Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918