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Das Thal der Mur. 295
die Ankunft der Seuche nicht mehr verheimlichen, ein panischer Schrecken
ergreift die Bevölkerung und fördert noch mehr das Umsichgreifen der
Seuche, vergebens ist die Flucht, der Betroffene stürzt zusammen, brennende
Karfankel, dunkle Flecken, schwarzblaue Blattern und kleine eitrige Beulen
bedecken seinen Körper, der von furchtbaren Schmerzen gefoltert wird, in
wahnsinniger Verzweiflung sieht er alles von sich fliehen, um allein, von den
Liebsten verlassen, in wenigen Tagen oder Stunden sein Ende zu erwarten.
Ka i se r Jose f II. gr i f f mi t s t a r k e r Hand in die t ra-
d i t ione l l en V e r h ä l t n i s s e des M u r t h a i e s ein. Sein Macht-
spruch hob die älteste Klosterstiftung Steiermarks nach 800jährigem Be-
stände auf, das adelige Frauenstift zu Göss (g. 1002), weiters das 1103
gegründete Benedictinerstift St. Lambrecht und das 1246 gegründete Chor-
herren- und Domstift Seckau, nebst einer Reihe kleinerer Klostergründungen.
Die großen Niederlassungen der Jesuiten zu Leoben und Judenburg hatten
schon 1773 mit der Aufhebung des Ordens ihr Ende gefunden.
Dagegen schuf Josef zu Leoben mit dem Sitze in Göss für Obersteier
ein e igenes Bis thum, welches allerdings keine lange Dauer hatte und
errichtete zahlreiche selbständige Curatien an Stelle früherer Filialen und
Vicariate und erleichterte so der Bevölkerung die Antheilnahme an den
kirchlichen Verrichtungen. Mit Energie räumte er auch unter den alten
Stadtprivilegien auf und hob 1782 namentlich das für Leoben ungemein
wichtige Privilegium Friedrichs des Schönen von 1314 auf, welches diese
Stadt zum Stapelplatz alles in Vordernberg erzeugten Roheisens machte,
und sprengte so die Fesseln, in welchen bisher der Eisenhandel gefangen war.
Gegen die furchtbaren Drangsale des „schwarzen Todes" waren
die Leidenstage, welche die 4 f r a n z ö s i s c h e n I n v a s i o n e n über
das Murthal brachten, noch leicht zu ertragen, obwohl die Bevölkerung
gar schwer unter dem Drucke brutaler Willkür und harter Erpressungen
zu leiden hatte.
Die erste Invasion der Franken, wie damals die französischen
Soldaten allgemein genannt wurden, erfolgte am 2. April 1797 nach einem sieg-
reichen Treffen derselben bei Einöd an der Grenze Kärntens gegen die Armee
Erzherzog Karls, die noch zweimal, bei Unzmarkt und Judenburg, Fuß zu
fassen suchte, jedoch so rasch zurückgedrängt wurde, dass schon am 7. April
die Franzosen unter Napoleon Bonaparte in Leoben einzogen, worauf am
17. April zu Göss respective Leoben der Präliminarfriede erfolgte,
welcher zum eigentlichen Friedensschlüsse von Campoformio führte. Die
Franzosen entsandten bei dieser Invasion von der etwa 40.000 Mann
starken Hauptarmee auch Streifcorps bis nach Murau. Die zweite Invasion
begann am 29. December 1800, und dauerte, obgleich schon am 9. Fe-
bruar 1801 der Friede zu Luneville geschlossen wurde, bis gegen Ende März.
Sie erstreckte sich von Bruck über das ganze Murthal bis Murgiu und zwar
erfolgte sie von den Truppen des rechten Flügels, der sogenannten deutschen
Armee unter General Montrichard. Judenburg wurde als neutral erklärt.
Die dritte, sehr drückende Invasion erfolgte über Eisenerz-Leoben
abermals unter General Montrichard im November 1805 und dauerte bis
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918