Seite - 297 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
Bild der Seite - 297 -
Text der Seite - 297 -
Das Thal der Mur. 297
Die Flößer standen unter eigenen befugten F l o ß m e i s t e r n und
bildeten eine eigene Vereinigung, andererseits wurde insbesonders von der
Vordernberger Radmeister - Communität stets reges Augenmerk auf die
Schiffbarkeit der Mur genommen, und nach 1801 ein großes Schiff zum
Zwecke der Kohlenverfrachtung gebaut, welches sich jedoch nicht bewährt
zu haben scheint. Die wichtigsten L a n d u n g s p l ä t z e im Obe r l ande
waren J u d e n b u r g , Zel t weg, Groß lobming , Landschach ,
Goberni tz , Rasni tz , St. L o r e n z e n-P r e g, Krauba th-S t . Stefan,
Leoben , B ruck und Pe rnegg .
Die Abfahrt der Flöße erfolgte stets bei der ersten Morgen-
dämmerung, wo noch die ganze Natur in tiefem Schlafe versenkt war.
Vorher versammelten sich die 8—10 Ruder knech te im „Lend-
häuschen" zum Frühstück, welchem ein gemeinsames Gebet folgte, in
welchem Gott und der h. Nicolaus , der P a t r o n der F l ö ß e r , um
Schutz gegen die Gefahren des Wassers gebeten wurde. Nach dem Früh-
stücke wurde die Statue des Schutzheiligen auf den Tisch gestellt und
Opfergaben zur Lesung von Seelenmessen für die Ertrunkenen gesammelt.
Hierauf begann die Fahrt.
Meist lagen noch dämmervolle Nebel über dem Wasserspiegel und
verhüllten gespenstig die vorüberhuschenden Uferbäume und Dorfschaften.
Ruhig glitt das Floß auf den einförmig dahinwogenden Fluten fluss-
abwärts. Plötzlich rauschte es oft im Röhricht und eine Wildente oder
ein Reiher schwang sich aufgeschreckt über den Wasserspiegel empor.
Am Floße flackert lustig ein Feuerbrand, an welchem sich die
Flößer die Glieder wärmen. Ein röthlicher Streifen am Horizont sendet
den ersten Morgengruß der schlummernden Natur und nun beginnt das
weihevolle Erwachen derselben. Trauliches Vogelgezwitscher bildet den Chor,
aus welchem Bacbamseln und Bachstelzen ihre Solostimmen ertönen lassen,
und in den immer lauter ertönenden Jubelsang der Vögelscharen mischen
sich alsbald auch die Klänge der Kirchenglocken, welche die Gemeinde
,zum Morgengebete rufen, der Jodler des Hirtenjungen, der auf einsamer
Heide seine Herde hütet, und das Knallen der Peitsche des Fuhrmannes,
der im blauen Staubkittel die Landstraße dahinzieht. Jetzt lassen auch
die Flößer ein altes Volkslied ertönen, und ihr übermüthiges Jauchzen
und Jodeln tönt weithin über die wogenden Fluten. Plötzlich aber springen
die Männer zu den Steuerrudern und lenken mit kräftiger Hand das
schwache Floß um gefährliche Klippen und Strudel, bei welchen mancher
Kamerad sein Grab fand und in schlichten Worten wird dabei stets des
Verunglückten gedacht. Ruhig gleitet das Floß wieder weiter über die
Wogen, bis eine Stromschnelle neue Gefahren über das Fahrzeug bringt.
Tief senkt sich jetzt das halbe Floß in die tosenden Fluten, die zischend
über dasselbe zusammen schlagen und alles in die Tiefe zu zielten drohen,
doch mit kundiger Hand lenken die Flößer ihr Schifflein durch AVirbel und
Strudel ins ruhige Wasser.
Endlich ist das Ziel erreicht, meist die Landeshauptstadt Graz, und
nun beginnt das Abladen des Floßes auf der Floßiend. Abends füllen
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918