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Kaiserberg. — St. Stefan. 305
wickeln. Binnen kurzem soll ein zweiter Band Erzählungen, Gedichte und
Sagen von Anna Werchota erscheinen und wir freuen uns im voraus auf
diese Dichtungen, wenn Werchota ihrer Eigenart treu bleibt und uns
schlicht und ungekünstelt darin das Leben und Weben der Älpler erzählt.
Gerade gegenüber von Kaisersberg jenseits der Mur schmiegt sich
das stattliche, von dem schlanken Kirchthurme überragte Pfarrdorf St.
Stefan ob Leoben an die ö. Thallehne.
Gasthäuser: Alois Mayer, Winkler und Graßberger.
Volksschule: 2classig seit 1873, g. 1786 und in der Lobming 1 classig,
g. 1870. Eines Schulmeisters wird jedoch in St. Stefan schon 1580 erwähnt.
Vereine: Feuerwehr, g. 1874.
Sagen: 1. Am Ostabhange des Klausnerberges sieht man eine etwa 50 m
lange Lacke (Kirchen lack e genannt), wovon die Sage geht, dass einst daselbst
eine Kirche versank. Als dieselbe zu sinken begann, flog eine Nicolausstatue von
ihr heraus und blieb im Dorfe Lobming auf einem Hollunderstrauch haften. Man
baute hierauf an dieser Stelle eine neue Kirche, wobei der Hollunderhaumstrunk
bis heute in derselben verwahrt wird.
2. Am Nordabhange des gleichen Berges befindet sich ein Felsblock, welcher
die Hundskirche oder der Teufel st ein heißt. Derselbe soll die erste Opfer-
stätte der Christen gewesen sein und hätten anfangs die Heiden, um die Christen
zu verspotten, einen todten Hund dahin gelegt. (Keltischen Ursprunges.)
3. Beim Schrimpf im Harteisgraben befindet sich ein etwa 100 m tiefer
Stollen, das Goldloch genannt, womit die Sage einen Mitte des 17. Jahrhunderts
hier bestandenen Goldbergbau in Zusammenhang bringt.
Industrie: Chromwerk des Herrn Hammerschmied.
St. S t e f a n , Pfarrdorf mit 41 H. und 246 E. (Gemeinde 309 H.
und 1413 E.), zählt zu den ältesten Orten Steiermarks und wird schon
860 urkundlich erwähnt; um das Jahr 1120 entstand hier eine Kirche,
welche schon 1159 als Pfarre und zwar als Tochterpfarre der Mutterkirche
von St. Michael erscheint, welches Verhältnis jedoch schon 1195 gelöst
worden sein dürfte. Im Jahre 1331 wurde St. Stefan mit Spital am
Semmering dem Cistercienserstifte Neuberg einverleibt.
Bei Neuberg blieb sodann St. Stefan bis zu dessen Aufhebung im J. 1786.
Seither bildet St. Stefan eine Weltpfarre. Wie St. Stefan mit Spital a. S. in Ver-
bindung kam, erklärt J. Schmutz in seiner überaus fleißig geschriebenen inter-
essanten Monographie St. Stefans dahin, dass um 1150 sich die Priester des Erz-
diaconates von Obersteier einen Verein gebildet hatten, mit der Verpflichtung, dass
jedes Mitglied jährlich 12 Denare in die gemeinschaftliche Armencasse einzahlen
soll, und dass nach dem Tode eines Mitgliedes dessen bestes Kleid und ein Pferd
dem Vereinszwecke zugewendet werden möge. Markgraf Ottokar schenkte nun der
Vereinigung die Kirche St. Stefan sammt allem Zugehör mit der Bestimmung, dass
hier die Vertheilung der Almosen stattzufinden habe. Die Lage der Kirche war
jedoch diesem Zwecke nicht entsprechend und gründete daher 1160 Ottokar das
Hospital (Spital) am Semmering und beschenkte es mit der Kirche in St. Stefan.
Im J. 1742—67 war P. Petrus Riedl Pfarrer. In dieser Zeit begannen die
Bauern so zu verarmen, dass die meisten Pfarrkinder aus Armut ohne Sarg be-
graben wurden. Im J. 1786 wurde die Pfarre weltlich, doch blieb Riedl bis 1790
als letzter Stiftspfarrer in St. Stefan.
Im J. 1783 wurde zuerst Franz Schulling mit dem von ihm entdeckten
Berghau am Lichtensteinberg auf Thoneisenstein nächst St. Stefan belehnt. Der-
selbe errichtete auch daselbst ein kleines Schmelzwerk. Im J. 1799 gieng der
Bergbau sammt Schmelze an den bekannten Arzt Fortunat Spöck über, welcher
später mit Erfolg am Reiting und im Rötzgraben Schürfungen zur Gewinnung
besseren Erzes vornehmen ließ.
Krauss, Die eherne Mark. 20
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918