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Seckau. 331
auseinander. Der Dompropst erhielt 800 fl., der Dechant 600 fl., jeder andere
Priester 300 fl. Pension und 100 fl. zur Ausstaffierung, sowie ein silbernes Essbesteck.
In die Zeit der Profanierung des Stiftes fällt auch die Vernachlässigung
und Devastierung der alten Klosteranlage mit der alten Stiftskirche, nachdem die
Bibliothek schon frĂĽher nach Wien gewandert war und die Pretiosen und Wert-
gegenstände in alle Winde zerstreut wurden. Die ausgedehnten, entvölkerten Stifts-
räume verödeten bald mehr und mehr zu Halbruinen. Allmählich verschwand auch
der wertvolle Wandschmuck und Hausrath. Die ehrwĂĽrdige, interessante sogenannte
Liechtensteinkapelle wurde vollends abgerissen und nicht nur in die Grabstätten der
Bischöfe, sondern auch in jene Erzherzog Karls II. und seiner Familie wurde ge-
waltsam eingebrochen und die Särge und Leichen beraubt.
Dem ersten Propste Wernherr von Galler folgte Gerold von Eppenstein, unter
welchem die Erhebung Seckaus zum Domstifte erfolgte (1196—1220). Unter dem
nächsten Propste Hermann Schachner (1225—1230) erfolgte die Colonisierung des
neu errichteten Chorherrenstiftes zu Stainz (1229). In die Regierungsperiode dieses
Propstes fällt die im Winter 1222—1223 beobachtete Naturerscheinung eines
rothen Schneefalles. Als Propst fungierte Gottfried von Pernegg (1230—1234;
als 6. und 7. Propst fungierten die Herren von Stubenberg; als 8. Propst folgte
Arnold von Prank (1250-1256), dessen Geschlecht dem Stifte groĂźe Wohlthaten
erwies. Im J. 1259 brannte das Stift gänzlich nieder und wurde abermals ein
Prank zum Dompropsten gewählt, welcher die Pfarre Gratwein erhielt. Als
15. Propst erscheint 1325 gleichfalls ein Prank. Gleichzeitig mit der Vorhalle
wurden im Anfang des 13. Jahrhunderts die Thurmunterbauten begonnen,
sie waren in dem ursprĂĽnglichen Bauplan der Kirche mitinbegriffen, wenn
die Ausführung und Vollendung auch einer späteren Zeit überlassen blieb. Doch
wurde der s. Thurm bis inclusive der Glockenstube schon damals auf-
geführt, während der n. bis circa 1334 unvollendet blieb. Am 18. März 1382 wurde
als 22. Propst Udalrich Trapp gewählt, welcher die zerrütteten Finanzen
des Stiftes wieder ordnete. Unter dem 23. Propste, Ulr ich Colusser ,
(1415—1436) wurde die 120 Ctr. schwere Glocke angeschafft. Sein Nachfolger,.
Propst Andreas Enns thai er erbaute die prächtige gothische Kirche zu St.
Marein im Paradiese und später, anlässlich des Erlöschens der Pestseuche, ob St.
Marein das hĂĽbsche St. Marthakirchlein.
In die Regierungszeit dieses Propstes (1436—1480) fällt der furchtbare
Einfall der TĂĽrken, die wenige Tage vor dem Tode des Propstes die Gegend von
St. Marein mit Feuer und Schwert verheerten.
Als 25. Propst folgte Johannes Dim berger (1480), ein Sohn des nächst
Seckau liegenden Dirnbergerhofes. Dieser Propst, welcher sich den Ehrentitel
eines zweiten Stifters erwarb, hatte vorerst alle die von den TĂĽrken zer-
störten Kirchen wieder in den Stand zu setzen, aber auch dem Stifte selbst
wendete er seine FĂĽrsorge zu, indem er es mit starken Ringmauern umgab und
die Kathedrale mit einer großen Orgel und mehreren neuen Altären ausstattete.
Darunter war der Altar der Bruderschaft Maria Opferung, von welchem heute noch
die polychromierte Mensa erhalten ist, und der in der Mitte der Kirche befindlich
gewesene Laienaltar, dessen Aufsatz gothisches Schnitzwerk zierte.
Unter ihm begann der Process der Bischöfe mit dem Capitel, welcher mit
der Befreiung des Stiftes von der geistlichen Jurisdiction des Diöcesanbischofes
(1701) endigte. In die Regierungsperiode dieses Propstes fällt auch die Aufhebung
oder Auflösung des Nonnenstiftes.
Das „Nonnenklösterl" lag n. der Kirche, welche die beiden Klosterbauten
trennte. Den Nonnen diente die heutige Bischofskapelle als eigene Kirche.
Von dem stillen beschaulichen Lehen der Nonnen, die sich auch mit Er-
ziehung von Pflegekindern befassten, wissen die Stiftschroniken wenig «zu melden.
Es erfreute sich z. B. im 12. und 13. Jahrhundert einer ungewöhnlichen Blüte, so
dass im J. 1242 sogar die Bestimmung vom Bischöfe getroffen werden musste, dass
die Zahl von 50 Klosterfrauen nicht ĂĽberschritten werden dĂĽrfe. Es finden sich
theils in Urkunden, theils in Sterberegistern manche Namen aus edlen Geschlechtern.
Die letzte der Nonnen, Margarethe Schachnerin, entfloh trotz ihres GelĂĽbdes aus
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918