Seite - 340 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
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340 Seckau.
lieh durch den Geist strenger Observanz, welcher die Söhne des hl. Bene-
dicts beseelt, wobei dieselben jedoch dem Fortschritte der Zeit mit
Scharfblicke folgen.
Yon den Stiftsräumen verdient der prächtige Kaisersaal, 5 m hoch,
7*50 m breit und 10*50 m lang, mit seinem reichen Stucco- und Fresken-
schmuck und das vom Abte Ildephons Schober gegründete Museum be-
sonderes Interesse.
Dasselbe enthält unter anderen nachstehende, besonders wichtige
Stücke:
Die Copie des berühmten Pranker Helmes, dessen Original, aus dem
13. Jahrhundert stammend, früher im Stifte befindlich, nun im Besitze
Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph ist; eine alte gothische Casula
mit gesticktem Kreuze; eine Marmorstatue aus Sandstein aus dem 13. Jahr-
hundert, wahrscheinlich aus der zerstörten Liechtenstein-Kapelle stammend;
2 romanische Consolsteine vom gestürzten Nordthurme; 5 Glasgemälde
aus der Kirche, Bruchstücke von Scenen aus dem Leben der hl. Jung-
frau und des hl. Albanus, 13. Jahrhundert; 2 runde Scheiben mit figuralen
Darstellungen aus der Kirche, 15. Jahrhundert; 1 Relief, darstellend die
Krönung der hl. Jungfrau, aus Sandstein, 15. Jahrhundert; 6 gothische
Holzstatuen aus dem 15. Jahrhundert; die Reliquienkapsel aus dem alten
Hochaltare mit Siegel des sei. Bischofs Hartmann von Brixen, in Wachs.
Vincenz Sonntag. An Seckau knüpft sich auch die Erinnerung an einen
der größten Patrioten Steiermarks, an Joh. Vincenz Sonntag, dessen immense im
steirischen Landesarchive aufgestapelten Früchte seiner rastlosen schriftstel-
lerischen Thätigkeit beredtes Zeugnis von der Vielseitigkeit und dem erstaunlichen
Fleiße dieses kaum 36jährigen Mannes gehen. Sein Geburtsort ist unbekannt und
ebenso ist seine Grabstelle am Friedhofe zu Seckau verschollen, auch sein Name
nahezu vergessen, und doch opferte er sein Lehen dem Dienste der Heimat.
Angeblich 1811 zu Weinburg hei Mureck geboren (diese Angahe wird vom
zuständigen Pfarramte St. Veit am Vogau bestritten), als Sohn eines Schulmeisters,
erhielt S. eine sorgsame Erziehung. Verhältnisse zwangen ihn später, sich dem
Lehrfache zu widmen. Aber erst als er zu Hohenwang als herrschaftlicher Beamter
angestellt war, kam er in das richtige Fahrwasser. Die Urkunden in den alten
Archiven führten ihn zum Studium der Heraldik, Genealogie, Siegelkunde und
Wappensage. Über Schloss Rothenfels und Massenberg kam er 1835, somit mit
24 Jahren, nach Seckau als Beamter der dortigen Herrschaft. Nun begann er seine
rastlose Thätigkeit auf dem Gebiete der Volkskunde, ein unermüdliches Sammeln
von Sagen, Sitten und Bräuchen, von Volksweisen, ein weitverzweigtes Corre-
spondieren mit allen wichtigen Zeitgenossen in Innerösterreich und Wien, ja bis
Deutschland hinaus. Im J. 1840 erschien von Sonntag ein Band Gedichte „Alpenrosen"
benannt, 1841 die Monographie Knittelfelds, dazu kamen seine Wappensagen in der
von ihm geleiteten Zeitschrift der „Herold", die Aufsehen erregten. Die schön-
wissenschaftliche Presse Österreichs bewarb sich bald allseitig um seine Mit-
arbeiterschaft. Es wuchsen Folianten heran, aber dabei zerrüttete sein Nerven-
system, er verlor das Gehör und musste, ein begeisterter Musiker, dieser Kunst
entsagen. Unzerstörbar war sein Glaube an die Menschheit, die er trotz aller
Kränkungen für edel und hochherzig hielt. Sein Hauptwerk sollte der Foliant:
„Die Steierer" werden, worin er unter Anhang eines Idioticums ein umfassendes
Bild steirischer Volkskunde zu liefern suchte. Jeder Abschnitt hat sein Motto.
Schon war es censuriert und druckreif, als der Todesengel sich dem edlen Patrioten
nahte. Auch die vaterländische Zeitschrift: „Der Heimatsfreund" von Sonntag
erschien zuerst in seinem Todesjahre. Welcher Aufwand von geistiger Energie,
von Fleiß und Duldung, von Entsagung und selbstloser Vaterlandsliebe gehörte dazu,