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Judenburg. 359
maligen Bedeutung Judenburgs als erste Handelsstadt Obersteiers und
lassen die musterhafte Reinlichkeit, die prächtig einheitliche, die ganze
Stadt durchziehende Trottoiranlage aus Klinkersteinen, die rationell durch-
geführte Hochquellenwasserleitung und die vielen, in jüngster Zeit an allen
Ecken und Enden angebrachten Verschönerungen nicht ahnen, dass die
Blütezeit der Stadt längst vorüber ist.
Die Anlage der Stadt ist eine ungemein regelmäßige; zwei von 0.
nach W. laufende breite Parallelgassen, die Wickenburg- und Burggasse s.
und die Käsern- und Herrengasse n. durch schmale Quergassen verbunden,
umspannen den Kern der Stadt, in deren Mitte sich, den Raum zwischen
beiden Hauptstraßen ganz erfüllend, der 169 m lange und 57 m breite
Hauptplatz ausdehnt, welchen ein monumentaler Hochstrahlbrunnen aus
weißem Marmor ziert. An der SO.-Seite des Platzes erhebt sich der mäch-
tige f r e i s t e h e n d e Glockenthurm der Pfarrkirche, weithin als Wahr-
zeichen Judenburgs sichtbar. Gegen Westen begrenzt zum großen Theile
der langgestreckte Bau der ehemaligen Burg die alte Stadtanlage, während
gegen Ost das dreistockhohe ehemalige Kreisamtsgebäude markant hervor-
tritt. An der Nordseite der Stadt erhebt sich der Gebäudecomplex des
früheren Jesuitencollegiums sammt Kirche, wovon nun ersterer, als Kaserne
eingerichtet, militärischen Zwecken dient.
Gegenüber der Burg an der Nordgrenze der Stadt liegt in großen
Gartenanlagen das historische Gebäude der Landesbürgerschule, welches
ursprünglich Franciscanerkloster, nach vielen Wandlungen und Umstal-
tungen zu seinem heutigen Prospect sich herausgebildet hat.
Die mit einer dreifachen Reihe Kastanien bepflanzte sogenannte
Ederbastei, sowie die Kaserngasse vermitteln den Zugang von der Stadt
zu den an ihrer Ostgrenze nächst dem sogenannten Martiniplatz begin-
nenden Anlagen, welche sich über den n. und nö. Berghang erstrecken,
und von welchem sich ein herrlicher Blick über das Eichfeld und den
Murboden erschließt.
Geschichtliche Skizze. Wie der weltbekannte Fund eines keltischen
Opferwagens in nächster Umgehung (Strettweg) Judenburgs beweist, hatten schon
die Ureinwohner des Landes, die Kelten, hier sich sässig gemacht, und zwar
sollen sie die Stätte unseres heutigen Judenburgs Idunum, Idunburg genannt haben.
Bald wurde sie zum Mittelpunkt mehrerer Saumpfade, auf welchen der berühmte
norische Stahl, auf Saumthieren geladen, dahinzog.
Und als um 16 vor Christi Geburt die Cohorten des römischen Weltreiches
als Sieger, auch die steierischen Alpenlande betraten, erkannten sie gleichfalls so-
gleich die wichtige strategische und commercielle Lage Judenburgs, und wählten es
zur Stätte ihres befestigten Lagers, welches sie Castra montana nannten. Obwohl
heute nur mehr wenige erhalten gebliebene Römersteine an die Anwesenheit dieses
großen Culturvolkes erinnern, so zeigen doch die vier von hier ausstrahlenden
Römerstraßen, dass die Römer diese ihre Niederlassung zum Centrum weitver-
zweigter Handelsverbindungen ausersehen hatten. Diese vier Wege führten über
die Stubalpe nach Voitsberg und hinab zu den pannonischeu Weinbergen, über
Kraubath zu den Erzlagern Trofaiachs weiters über den Pölssattel zu den Silber-
gruben Zeirings und über die Rottenmanner Tauern zu den Salzquellen von Hall
bei Admont, während ein vierter, sehr wichtiger Saumpfad über den Münchegg-
sattel am Zirbitzkogel, Greith, Doblhof, St.. Veit nach Friesach und von hier weiter
gegen Italien führte. Wohl mögen die Fluten der Völkerwanderung später die
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918