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362 Jiidenburg.
den Jahren 1597 — 1599 die verwaiste Pfründe von Pols aus verwaltet.
Die Thätigkeit der am 27., 28. und 29. März 1600 bei versperrten
Thoren unter Entfaltung „landesfürstlicher Gewalt" hier tagenden Gegen-
reformationscommission vernichtete vollends die protestantische Lehre und
nur neun BĂĽrger entschlossen sich zur Auswanderung.
Zur Erstarkung der katholischen Kirche wurden hierauf, wie nach
Leoben, auch nach Judenburg, als dem zweiten Hauptort Obersteiers, die
Jesuiten berufen, und zwar erscheint hier Balthasar Freiherr von Thann-
hausen als GrĂĽnder des Jesuitencollegiums, welcher das verlassene Augustiner-
kloster um 2000 fl. erwarb, um es sodann dem Orden der Gesellschaft
Jesu zu schenken. Hierauf erfolgte am 14. Juni 1621 die Ansiedlung der
Jesuiten in Judenburg, welche hieher bald das Probationshaus der Ordens-
priester der österreichischen Provinz verlegten, woselbst sie das dritte
Probejahr ablegen mussten. Es waren durchschnittlich 20—30 Candidaten,
6 —10 ältere Väter und ebenso viele Laienbrüder im Collegium. Gleich-
zeitig erfolgte die GrĂĽndung von Schulen und Bruderschaften, wie auch die
Veranstaltung von UmzĂĽgen, von Processionen unter Entfaltung des dem
Orden eigenthümlichen, prunkvollen Schaugepränges, an welche sich in dem
nach dem Schenker des Baugrundes, Probst Anton de Potiis von Seckau,
Antoneum genannten, 1646 entstandenen Erholungsorte, theatralische Auf-
züge und declamatorische Schauspiele anschlössen.
Von 1639—1644 wurde das Collegium erweitert und vollständig
umgebaut, brannte jedoch 1699 wieder gänzlich ab, wobei der Superior des
Hauses, Dr. Michael Mark, ein geborner Grazer, in den Flammen umkam.
Der Wiederaufbau war 1702 vollendet. Im J. 1658 wurde die ursprĂĽnglich
gothische Augustiner-Klosterkirche durch einen groĂźen Zubau an der
Westseite erweitert und im Innern im Jesuitenstile umgestaltet.
Die drei Lateinschulen der Jesuiten, zu welchen später auch die
„Poesie" kam, zählten 1647 schon 120 Schüler; außerdem wurden im
Seminar hei 20 talentierte arme Studenten unterhalten. Ausser dem Profess-
hause hatten die Jesuiten auch hier ihr Conversionshaus, worin von der
Regierung Glaubensverdächtige gebracht und bis zur Bekehrung in Haft
gehalten wurden. Nach Aufhebung der Jesuiten 1773 kamen die Sectarier
in das Grazer Zuchthaus.
Im J. 1710 wies die Jesuitenkirche allein 22.000 Communicanten
auf. Im J. 1773 erfolgte anlässlich der Aufhebung des Jesuitenordens auch
die Aufhebung des Collegiums, welcher 1782 jene des Clarissinnenklosters
folgte, während das seit 1588 wieder besiedelte Franciscanerkloster nach
dem Brande von 1807, welcher das Klostergebäude vernichtete, sich auf-
löste. Im J. 1720—22 wurde der Calvarienberg, dessen Anfänge auf das
Jahr 1683 zurĂĽckzufĂĽhren sind, errichtet.
Im J. 1748 wurde Judenburg als Kreisstadt mit dem Sitze des
k. k. Kreisamtes erklärt, welche Würde sie durch ein volles Jahrhundert
zu bewahren wusste.
Die erste feindliehe Invasion der Stadt begann mit dem Einmärsche
der französischen Division Massena am 4. April 1797 nach einem Gefechte
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918