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364 Jiidenburg.
die restliehe Schuhlieferung ausführen mussten. Diese Lieferung, welche
der Stadt 1191 fl. kostete, war in wenigen Tagen vollendet und brachte
Advocat Palika die Schuhe nach Knittelfeld, woselbst er jedoch einen
neuen Auftrag zur Lieferung von 50 Ellen blaues und 50 Ellen grünes
Tuch, 50 Husarenstiefeln und 12 Pferden erhielt. Neue Angst, neue
Sorge. Vergeblich waren alle an den französischen Oberst Lazol gesandten
Deputationen um Nachsicht oder Ermäßigung der Contributionen. Nur
zwischen Plünderung oder Erlag der Contributionen ließ er den Bürgern
die Wahl.
Die gänzliche Aufbringung dieser Contributionen erwies sich aber
als unausführbar, dafür erhöhten die Franzosen die Geldforderung um
1600 fl. Um diese Summe aufzubringen, opferte jedermann die oft durch
Jahrzehnte treulich bewahrten, ersparten Silberthaler. Die volle Summe
wurde am 27. November nach Knittelfeld überbracht. Dazu kam die auf
Judenburg entfallende Quote von 4000 fl. der von General Marmont über
Steiermark verhängten Landescontribution per 1,400.000 Livres.
Am 28. November zogen die Franzosen nach Knittelfeld ab und
nun erst öffneten die Bürger wieder ihre Kaufläden und am 1. December
zog eine Dank-Procession nach Maria-Buch. Kaum heimgekommen, sahen
die Bürger aber auch schon wieder eine Truppe von 50 Chasseurs in
die Stadt einreiten. Nun folgten Durchzüge kleiner französischer und
österreichischer Abtheilungen, meist dicht hintereinander. Am 16. December
zündeten die Franzosen in der Magdalenen-Vorstadt ein so großes Feuer
an, dass die Bevölkerung von Judenburg, in Furcht der Entstehung eines
Schadenfeuers, dadurch in große Erregung versetzt wurde, wobei es zu
Thätlichkeiten kam. Zum Glück erschien der französische Commandant
noch rechtzeitig zur Stelle, ließ das Feuer löschen und die Mannschaft
in ihre Quartiere abrücken. Bei diesem Anlasse kam auch die junge
Wirtin, „zum weißen Rössel", namens Lorman, in Lebensgefahr, indem
sie einem Wachposten, der sie anrief, nicht genügend laut antwortete,
worauf der Mann gegen sie einen Pistolenschuss abfeuerte, der sie zwar
nicht traf, aber doch einen schweren Ohnmachtsanfall der Wirtin zur Folge
hatte. Am 27. November wurde der Flösser Franz Steindl, welcher einem
französischen Posten nicht antwortete, von diesem erschossen.
Die schlimmste Zeit der Fremdherrschaft brach aber über Judenburg
mit dem Einzüge einer französichen Division am letzten December herein,
indem die höheren Officiere an die Stadt die empörendsten Forderungen
stellten. So verlangte z. B. der General-Adjutant Cochet für seine Person
ein tägliches Tafelgeld von 50 fl., der General selbst täglich 18 Pfund
Rindfleisch, ein halbes Kalb und ein halbes Schaf, dann Speck, Confituren,
Wein etc. dann — ein Neujahrsgeschenk von 15.000 fl. Von dem
Neujahrsgeschenke wurden 6000 fl. an den General und an Taschengeld
375 fl. dem Adjutanten Cochet bezahlt. Auch für das im ehemaligen
Jesuiten-Collegium errichtete Spital, in welchem mehrere hundert Kranke
verpflegt und ärztlich behandelt wurden, musste die Stadt sorgen. Am
15. Jänner 1806 verließen endlich die Franzosen die Stadt.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918