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Thalheim. 421
Tauern übersetzende römische Heerstraße von W. in sanfter Steigung
heranziehend, sich mit unserem Fahrwege vereinigt, erblicken wir 1. zu
unseren Füßen ein barockes Schlösschen mit geborstenen Mauern, flankiert von
einem seltsamen Gebäude in Form eines vierspitzigen Sternes mit vielen
Schießlucken und Eckverfestigung, die sogenannte „Sternschanze", heute
noch ganz dasselbe Bild zeigend, wie sie auf Visehers Prospect von 1680
erscheint.
Das Schlösschen, nach der in seinem Innern sprudelnden Heilquelle
Sauerbrunn genannt, ist ein schönes Denkmal des wohlthätigen Sinnes des
alten Geschlechtes der Teuffenbach. Franz von Teuffenbach, vermählt mit
Beatrix von Schrott, der wahrscheinlich Mitte des 16. Jahrhunderts das
Schloss erbaute, bestimmte dasselbe mit der Herrschaft mit Testament
vom 30. November 1567 auf „ewige Zeiten" als Spital zur Unterbringung
und Versorgung von Armen, soweit es der Stiftungsertrag zulässt. Noch
erinnert ein lebensgroßes Bildnis des vom Erzherzog Karl 1573 in den
Freiherrnstand erhobenen Franz von Teuffenbach an den Schöpfer dieser
Stiftung, aus welcher heute noch 100 Arme mit einer täglichen Gabe
von 10 kr. betheilt werden.
Franz Freiherr von Teuffenbach starb am 22. Jänner 1578 in
Sauerbrunn, wurde aber gleich seinen Ahnen in der Familiengruft in der
Kirche zu Teuffenbach beigesetzt, AVO ein prächtiges Grabdenkmal die
edle That des hier zur Ruhe Bestatteten der Nachwelt verkündet.
Die kräftige Säuerlingsquelle im verödeten Schlosse, wirksam bei Störung
der Unterleibsfunctionen, Scropheln und Kropf, und angenehm als erfrischendes
Getränk, harrt noch der Erlösung zur Wohlfahrt jener Armen und Elenden, die
mit der Nutznießung der Stiftung des 16. Jahrhunderts heute noch ihr Lehen fristen.
Unser nun mit der Römerstraße vereinigte Fahrweg durchzieht den Sattel
und senkt sich fast unmerklich fallend in das breite grüne Pölsthal.
Nun beginnt sich ein gar schönes Landschaftsbild aufzurollen. R. scliAveift
der Blick über die stattliche, mitten im breiten Thalgrunde gelagerte uralte Dorf-
schaft Pols, das fruchtbare Pölsthal hinab. Hoch aus den Waldeshängen ragt zur
R. die Ruine Reifenstein in malerischer Silhouette in unseren Horizont, und ihr
gegenüber trotzt noch immer der hochragende Thurm der Offenburg auf aussprin-
.gendem Felsenriff den Stürmen der Zeiten; stattliche Bauernhöfe und gar mancher
Edelsitz breiten sich am Fuße der Thallehnen aus. Tief im Hintergründe aber
dröhnen die Hämmer und qualmen die Schlotte der mächtigen Werke des Pass-
hammers und der Adolfshütte, Avährend zuletzt die ruhigen Wellenlinien des Glein-
alpenzuges das lebensfrohe Landschaftsbild begrenzen.
Unsere Straße durchzieht nun in nAv. Richtung die an der Berglehne sich
ausbreitenden Dörfer Enzersdorf und Katzling mit alten stattlichen Bauten.
Nach etAva 1 Std. weitet sich das Thal, Avelches sich nun gegen N. Avendet
und man erblickt zur R. in waldumschlossener Bucht das große Pfarrdorf St.
OsAvald, gerade vor sich die thurmreichen Baulichkeiten der Propstei Zeiring, die
Dorfschaft Unter-Zeiring mit ihren großen Gehöften und das noch mit Ringmauern
umfriedete Schloss Hahnfelden.
Mitten aus dem Thalgrunde steigt aber nun ein hochragender Forst von
eigenthümlich düsterem Charakter vor uns auf. An seiner Spitze sta^'t die rauch-
gescliAvärzte Wölbung einer ehemaligen Kapelle dem Wanderer entgegen. Hier
sandten die armen Sünder ihr letztes Stoßgehet zum Himmel empor, bevor sie
eintraten in den dunklen Forst, wo sie vom Leben zum Tode gerichtet wurden.
Kaum 50 Schritte hinter der Kapelle ragen noch im tiefsten Waldesschatten
die 2 achteckigen gothischen Steinpfeiler in das mächtige Geäste des Lärchen-
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918