Seite - 423 - in Die eherne Mark - Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
Bild der Seite - 423 -
Text der Seite - 423 -
Ober-Zeiring. 4 2 3
bat, da versprach ihm der Heitmann lachend eine kostbare Gabe, einen Klumpen
Silber. Aber er schmolz denselben und goß das glühende Erz in die Hände des
Bettlers, der die Rache des Himmels über die Frevler herbeirief. Es sollte noch
schlimmer kommen. Als einst die wüste Knappenschaar wieder zechte u. zw. am
Pfingstsonntag und mit v silbernen-Kugeln nach silbernen Kegeln schob, da nahte
sich ein armes altes Weib mit seinem Enkel. Das Knäblein schaute verwundert
dem Spiele zu. Da sprang plötzlich der Hutmann dazu, trennte mit scharfem Messer
blitzschnell das Köpfchen des Kindes vom Rumpfe und schob damit nach den
Kegeln. Die Alte war starr ob dieser grausen That, aber endlich sprach sie die
Worte: Glück auf und nimmer Glück auf. Die Knappen betäubten aber ihre
Gewissen im Zechgelage. Als sie nun morgens in die Schächte einfahren mußten
und ihr „Glück auf" riefen, wurde es manchen gar hange.
Kaum waren die 1400 Knappen in die Schächte eingefahren, begann ein
Rauschen von Wässern, die bald alle Gruben füllten. Alle Knappen fanden den Tod,
700 Ehefrauen wurden zu Witwen, das Bergwerk konnte nie mehr erhohen werden.
Variante: Das alte Weib läßt bei der Tödtung des Knaben eine Flasche
voll Mohn, die sie in der Hand hielt, fallen und spricht die Worte : So viele Mohn-
körner hier auf der Erde, so viele Jahre kein Bergsegen in Zeiring. Ein Tauber
hörte zuerst das Rauschen der Wässer und. mahnte vergeblich zur Flucht, nur
er allein rettete sich.
O b e r - Z e i r i n g , alter Markt mit 89 H. und 700 E., auf 930 m
Sh. Sitz eines k. k. Bezirksgerichtes sammt Steueramt und der Bezirks-
vertretung, sowie eines Doctors der Medicin mit Hausapotheke, bildet
heute eine der beliebtesten Sommerfrischen des steirischen Oberlandes.
Hatten schon lange die Gasthöfe Ober-Zeirings infolge ihrer trefflichen
Unterkunftsverhältnisse den besten Ruf, so verstand es Herr Notar Seewald
vortrefflich, die schöne und hohe Lage des Marktes durch Schaffang aller
Bedingungen eines regen Fremdenverkehres zu verwerten und nicht ohne
persönliche materielle Opfer eine Sommerfrische zu schaffen, welche nun
jährlich das Ziel der besten Gesellschaft bildet. Ein kleiner, aber äußerst
rühriger und opferwilliger Verseliönerungs-Verein, um welchen sich auch
insbesondere der k. k. Steueramtscontrolor C. Schmutz verdient gemacht
hat, hat eine Reihe localer Verschönerungen und zweckmäßige Einrichtungen
veranlasst, und insbesonders auch in der Umgebung Ober-Zeirings reizende
Waldanlagen geschaffen, während die bequem zugängliche Hochwarte, die
„Franz Josefs-Höhe", welche eines der interessantesten und schönsten
Landschaftsbilder Obersteiers erschließt, ein Werk des Gesangsvereines
ist. Die bequemen und billigen Postverbindungen mit den Bahnstationen
Judenburg und Thalheim, die animierten gesellschaftlichen Verhältnisse,
welche durch den erwähnten Gesang- und Musik-V. besonders gefördert
werden, die ganz vortrefflichen Unterkunftsverhältnisse der altrenommierten,
gut bürgerlichen Gasthöfe und die hübschen Anlagen in der anmuthigen
Umgebung (vor Allem aber auch die hohe alpine Lage) lassen Ober-Zeiring
heute wie erwähnt als eine der besteingerichteten Sommerfrischen Ober-
steiers erscheinen, welche mit Erfolg Ersatz für die versiegten Silbergruhen
in einem regen Fremdenverkehr sucht. »
Geschichtliche Skizze. Die Existenz der reichen Silbergruben zu Ober-
Zeiring, an welchen nicht nur die große Römerstraße Virunum-Wels vorüberzog,
sondern in' deren Nähe auch die römische Station Viscellae lag, machen es überaus
wahrscheinlich, dass sich hier schon in den ältesten Zeiten eine größere Siedlung
gebildet hat, wenngleich Ober-Zeiring erst sehr spät urkundlich auftaucht.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918