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Unter-Zeiring—St. Oswald—Möderbruck. 429
Dicht über die Thalfurche des Pölsbaches dehnt sich der von alten
Baumgruppen beschattete Bau aus, welcher mit seinen durch wehrhafte
Ringmauern verbundenen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden einen großen Hof.
räum umschließt, innerhalb welchem sich das St. Agatha-Kirchlein erhebt.
Mehrere Bruchstücke von Römersteinen, theils mit Inschriftfragmenten,
theils nur von architektonischen Zierstücken, weisen auf eine hier be-
standene Siedlung hin und auch in der christlichen Zeit macht sich die
Propstei unter dem Namen Weng schon sehr früh bemerkbar, indem schon
1074 das St. Agatlia-Kirchlein (Capeila) als Admontischer Besitz genannt
wird und 1147 unsere heutige Propstei Zeiring.
Diese Kirche gab vielfach Anlass zu Zwistigkeiten zwischen Admont
und dem Pölser Hauptpfarrer, und wurden dieselben meist durch den
Erzbischof von Salzburg geschlichtet. So entschied u. a. 1439 Erzbischof
Johann II., dass die fragliche Kapelle auf Grund der Confirmationsbriefe
der Abtei Admont (also schon seit der Stiftsgründung) gehöre. Abt und
Klosterpriester hätten das volle Recht, daselbst Messe zu lesen, der Abt
könne auch einen ständigen Kaplan anstellen und denselben wieder ab-
setzen, doch soll niemand gehindert werden, dem Gottesdienste in Pols
beizuwohnen. Die weltlichen Bewohner der Propstei unterstehen der pfarr-
lichen Jurisdiction und — was gewiss der Kern der Frage war — die in
der Kapelle St. Agatha eingehenden Opfer gebüren dem Pfarrer. Beiden
Theilen wurde bei 400 fl. Ungar. Ducaten Pön das Stillschweigen auferlegt.
Am 9. und 10. August 1480 verheerten die Türken die Zeiringer
Gegend, wobei die Propstei ein Raub der Flammen wurde.
Am 11. Juni 1495 consccrierte der Bischof Matthias die wieder
hergestellte St. Agatha - Kirche. Als Abt Leonhard 1491 zur Regierung
von Admont gelangte, besetzte er nahezu alle Stiftspfründen mit Gliedern
seiner Sippe (der Stainachs) und so kam auch die Zeiringer Propstei
anfangs des 16. Jahrhunderts in die Hände der Stainach. Wie alle
admontischen Propsteien, hatte auch die Zeiringer ein wohlausgerüstetes
Zeughaus.
Die Propstei erhielt ohne Zweifel ihre heutige, schon auf Vischers
Ansicht von 1680 dargestellte Gestalt, unter dem baulustigen Admonter
Prälaten Urban Textor (1628 —1659).
Das außen schmuck- und stillose St. Agatha-Kirchlein zeigt sich im
Innern als reizender gothischer Bau aus dem J. 1424, somit noch aus verhältnis-
mäßig früher Zeit. Die zierlich gegliederten Rippen des Schiffes heben sich scharf
von den Gewölben ab. Die Rippenbündel sitzen auf Consolen mit Wappenschildern
auf. Die Brüstung der Musikempore zeigt in einer reizenden barocken Stucco-
umrahmung eine Ansicht Admonts von 1696 in Fresco. Der Chor von Netzgewölben
überspannt, ist in der gewöhnlichen Weise mit den 5 Seiten aus dem Achteck
abgeschlossen. Die 3 Altäre der Kirche weisen den guten architektonischen Auf-
bau des 17. Jahrhunderts und birgt der Hochaltar noch eine gothische Statue der
hl. Agatha. *
St. Oswald. Von der Propstei führt ein malerischer Weg zum
Pfarrdorfe St. Oswald hinan, welches mit seinem hochragenden Kirchen-
bau an der Berglehne in einer lieblichen, nur nach Süden offenen Thal-
mulde sich ausbreitet.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918