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4 4 6 Frauenburg.
hinauf, welchen sie auf der Rückseite erreicht. Hier stand der Thorthurm,
welcher außer den Schießlucken noch durch zwei heute noch erhaltene
Pechnasen besonders vertheidigt wurde.
Den Namen F r a u e n b u r g soll uns die Sage erklären, von einem
Ritter, der aus Eifersucht und Wuth über die Untreue seines zur Ehe
gezwungenen Weibes, dieses in einen ringsum mit Nägeln beschlagenes Fass
stecken und dieses — den Burgfelsen hinabrollen ließ, nachdem er zuvor
ihren Liebsten getödtet hatte. Seit dieser Schreckensthat heißt die Burg,
die früher Rosenbüchel geheißen haben soll, Frauenburg. Auch an den
Burgnamen Rosenbüchel knüpfen sich seltsame Sagen.
Die schönste Variante dieser Sagen ist folgende. Der Ritter zieht in
den Kreuzzug, die vereinsamte junge Burgfrau beginnt ein Liebesverhältnis
mit einem Edelknaben und es folgt die Geburt von 12 Knaben auf einmal.
Diese werden von der Zofe zur Mur getragen, um sie daselbst zu ertränken.
Am Flusse angekommen, erblickt sie einen heransprengenden Reiter und
erkennt in demselben den Ritter. Diesem sagte sie, sie trage junge
Hunde zum Flusse. Das Wimmern der Kinder verrathet sie aber und der
Ritter findet die 12 hübschen Knäblein. Er lässt selbe heimlich erziehen
und verräth seiner Gattin mit keinem Worte die Kenntnis ihrer That. Nach
vielen Jahren gab der Ritter ein großes Festmahl, zu welchem auch
12 Jünglinge erschienen. Mitten im Feste erzählt nun der Ritter die That
seines Weibes und fragt zuletzt die Jünglinge, welche Strafe so eine
Rabenmutter verdiene? Einstimmig antworteten sie: „In ein Fass
mit schneidigen Messern gesteckt und den Burgfelsen hinabgekollert zu
werden." Hierauf spricht der Ritter zu seinem Weibe: „Sieh hier deine
Söhne! Du hast dein Urtheil gehört." Dieses wird sodann vollzogen. Der
Ort aber, welcher an jener Stelle später entstand, wo der Ritter die Zofe
mit den angeblichen Hunden im Korbe traf, erhielt den Namen Hundsdorf,
aus welchem sodann unser heutiges (Hundsmarkt) Unzmarkt entstand.
Die ersten bekannten Besitzer der Frauenburg waren die Herren
von Liechtenstein, welche schon im 12. Jahrhunderte ihre Residenz von
ihrer kleinen Stammburg bei Judenburg nach der Frauenburg verlegten.
Der mächtige Thurm der Hochburg mit seinen romanischen Fenster-
stöcken weckt lebhaft die Erinnerung an Ulr ich von L i c h t e n s t e i n ,
e inen der i n t e r e s s a n t e s t e n R e p r ä s e n t a n t e n d e u t s c h e n
M i n n e s a n g e s , welcher bekanntlich durch einen überschwenglichen
Frauencultus sich auszeichnet. Um das Jahr 1198 bis 1200 geboren,
finden wir Ulrich von Lichtenstein bald energisch in das bewegte poli-
tische Leben der damaligen Zeit verwickelt, obwohl seine thatkräftige
Antheilnahme an den Fehden gegen König Bela und später König Stephan
von Ungarn und für und gegen die Herrschaft Ottokars von Böhmen in
eine spätere Zeit fällt. Aber so thatenreich und vielbewegt auch Ulrich
von Lichtensteins Leben war, so interessiert uns doch weitmehr sein
dichterisches Schöpfen als Minnesänger, und zwar namentlich in seinen
jungen Jahren, in dem Übergang vom Jüngling zum Manne. Schon mit
24 Jahren erseheint er auf dem Turniere zu Friesach als König Mai
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918