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Frauenbiirg. 4 4 7
verkleidet; kurz darauf von Rom rückgekehrt, beginnt er von Venedig,
resp. Treviso, durch Friaul, Kärnten, das Mur- und Mürzthal hinauf über
den Semmering nach Österreich, seine abenteuerliche Fahrt als Frau Venus
gekleidet Voraus reiten die Flötenbläser, 4 Knappen, 2 Mägdlein und
2 Fiedler, und wahrscheinlich folgten ihm 8 Knechte, alle in silberheller
Gewandung. In allen Orten ruft Frau Venus die Ritterschaft zum Kampfe,
zum Turniere auf; über 307 Speere wurden verstochen. Wurde Frau
Venus besiegt, so gab sie dem Ritter ein goldenes Ringlein; es waren
deren im ganzen 271.
Ulrich von Lichtenstein hatte 2 Herrinnen, die er besingt (ohne
lesen und schreiben zu können), deren Befehle er erwartet und deren
Willen er sich völlig unterordnet. Von der ersten schwer beleidigt, wendet
er sich der zweiten zu, die zwar nur eine passive Rolle spielt, aber ihm
den Auftrag gibt, den „Frauendienst" zu verfassen.
Der „Frauendienst" und das „Frauenlob", die Hauptwerke Ulrich
von Lichtensteins, wurden 1255 und 1257 verfasst. Sie sind auch als
historische Quellen wichtig. Der „Frauendienst" („Frawen Dienst") beginnt
mit einer poetischen Einleitung. Ulrich erzählt sodann seine Kindheit,
Jugend, den ersten Minnedienst, dann die stille Minne, einen zweiten
Minnedienst, die Ritterlehre und die Ritterschaft, das Geständnis seiner
Minne (wil machen mina vrowen kunt).
Daz ich ir eigen ritter bin,
so daz min herze, lip unde sin
ir immer mèr ist Untertan,
die wile ich lip und leben han.
Ulrich von Lichtenstein hatte eine Hasenscharte, die er sich von
einem Meister in Graz operieren lassen wollte, was er nun umständlich
beschreibt:
Sus reit ich von der guoten dan
ze Graez sa in daz Stirelant,
da ich vii guote meister vant,
dem besten tet ich alzestunt
gar allen minen willen kunt.
Der Chirurgus schnitt, aber erst im Mai, die Lippe meisterlich.
Es folgt das Wiedersehen seiner Herrin, eine Botschaft, eine Tanz-
weise, Briefe der Niftel, Aventure wie der Herre Ulrich mit siner vrowen
wart erst redschaft, erste Begegnung, Kümmernis, Erklärung, Abweisung,
Ritterschaft, Dichtungen etc.
Nach der lebhaften Erzählung des Turnieres zu Friesach und mannig-
fachen anderen Erzählungen, folgt die Geschichte von dem Finger, den
sich Ulrich abschlagen liess, weil seine Herrin ein derartiges Opfer des
Ritters bezweifelt.
— und bin in dienstes undertän
und wil des nimmer ab gestän,
do nam ich sä daz mez er sin
und satzt ez űf den vinger min
und sprach: ,.nu slach dar, biderl man!"
er sluoc: der vinger der spranc dan.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918