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Frauenbiirg. 4 4 9
des 15. Jahrhunderts aller Wahrscheinlichkeit nach mit Benützung von
Bestandteilen einer schon früher hier befindlichen romanischen Kapelle in
zeitgemäßem gothischem Stile erbaut und mit Kreuzgewölben versehen. In
der Sou te r r a in k i rche f inden s ich Spuren der a l ten roma-
n i schen Kape l l e mit Apsis , in der ohne Zwei fe l e ins t
Ul r i ch von L i c h t e n s t e i n be ige se t z t wurde , da in näch-
s ter Nähe davon dessen Grabs t e in ge funden wurde.
Dieser m e r k w ü r d i g e G r a b s t e i n wurde Ende April 1871 vom
Provisor Johann Rigler unter Intervention des k. k. Conservators von
Steiermark Johann Graus und des bekannten Genealogen Leop. von Beckh-
Widmannstetter entdeckt, entziffert und als jener Ulrichs von Lichtenstein,
des Minnesängers, fest-
gestellt.
Als Ulrich als le-
bensmüder Greis von 75
Jahren sein Ende nahen
fühlte, da ließ er auf dem
tausendjährigen Denk-
steine , welchen einst
treue Freunde dem Rö-
mer Mironius auf dem zum
Schutze ihrer Station Ad
Pontem auf der Höhe des
Burgfelsens der Frauen-
burg erbauten Castrum
auf das Grab legten,
quer über die lateinische
Legende das Kreuz des
Erlösers, darunter den
Edelschild seines Ge-
schlechtes und endlich
oben als ältestes deutsches
Sprachdenkmal die schlich-
gemauerte Grabstein des ten Worte meißeln : „Hie
leit Uolrich dises houses
rehtter erbe."
Seit 19. October 1871
ist dieser ehrwürdige, 162
cm breite und 62 cm hohe
Denkstein, aus bläulich-
grauem Marmor, auf An-
ordnung des Fürsten
Schwarzenberg an der In-
nenseite der s. Schiffswand
eingemauert. Die Reste der
lateinischen Inschrift las-
sen die Worte erkennen:
M E (I) R 0 NIV S
SECYNDJANYS
E THELVIA
Grabstein des Ulrich
von Lichtenstein. Derlei Römersteine
gibt es noch mehrfach
auf der Fraueuburg, so
der im Pfarrhause ein-
Saer-Speratus ; so das r. vom Eingang in die
Kirche eingemauerte Fragment, eine figuralische Darstellung mit Inschrif-
tenstein, und die 1885 bei Umstaitung des Pfarrhofes gefundene plastische
Reliefdarstellung eines Stiers, dessen Hinterleib in einen mit Flossen
versehenen Drachen oder Aalschwanz endet, darüber ein Fisch (Delphin);
so das Karniss in einer Stiege der Südseite der Kirche, abgesehen davon,
was schon an das Landesmuseum in Graz abgegeben wurde, und von jenen
vielen behauenen antiken Marmorstücken, welchen man in und an der Kirche
benützt oder unbenützt, vielfach begegnet.
Unweit des schlichten Grabsteines des berühmten Lichtenstein erhebt
sich das Familien-Grabdenkmal des Dynastengeschlechtes der Stubenberg.
Der strenge Sinn des Mittelalters war längst erloschen und die lebensfreudige
Renaissance feierte ihre Triumphe und so entstand ein gar prunkvolles Denkmal.
K r a u s s , Die eherne Mark. 29
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918