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Die Krakau. 5 0 1
Es ist ein fr üli go this eher in einem Gusse ausgeführter Bau, in welchem
noch die romanische Grundidee des Basilikabaues sich geltend macht, während
schon der Geist der Gothik die Constructionen zu beherrschen beginnt.
Otto der Ältere von Liechtenstein, der Gründer der Stadt Murau, ist auch
der Erbauer der Kirche, welche am 6. Mai 1296 eingeweiht wurde, wie es die
Inschrift einer kleinen Holztafel im Pfarrhofe mit der Gestalt Ottos meldet: Anno
Domini MCCL XXXXVI dedicata est (eccl'(es)ia cum choro et). Diese Einweihung
dürfte sich jedoch vielleicht nur auf den Chor bezogen haben, denn in dem im
Originale noch vorhandenen Testamente Ottos von 1311 widmet derselbe Besitz-
tlieile „zue dem powe sant Mathei Gotthous" und ermahnt seine Söhne, das Gott-
haus Mathei immer zu fördern. Otto der Ältere und sein gleichnamiger Sohn sowie
die meisten von ihren Nachkommen fanden auch hier ihre Ruhestätte.
Wenden wir uns nun dem Kirchenbaue zu, so fällt vorerst der Blick auf die
gothische herrliche Lichtsäule auf dem Kirchplatze, die wahrschein-
lich gleichzeitig mit der St Leonhardkirche um 1440 errichtet wurde. Die Kirche
gehört zu den wenigen frühgothischen Steiermarks, und wurde uns der
ursprüngliche Bau in seltener Reinheit durch ein halbes Jahrtausend überliefert.
Sechs massige achteckige Pfeiler, durch stumpfe Spitzbogen verbunden,
gliedern das Langhaus der Kirche in drei Schiffe, wovon das Mittelschiff im Ver-
hältnisse von 1 — 2 '/3 überhöht ist und eigene Fenster hat. Die Pfeiler mit ein-
facher Deckplatte sind nur wenig über 3 m hoch und erscheinen daher die Seiten-
schiffe sehr gedrückt. Den drei Schiffen der Kirche legt sich ein Querschiff vor,
an welches sich der mit den fünf Seiten des Achteckes abgeschlossene Chor
anfügt. Die vier Pfeiler der Vierung sind in Kreuzform construiert, jedoch schon mit
vorgelegten Diensten. Die Gewölbgurten sitzen auf zierlichen consolenartigen Schluss-
steinen auf. Von Interesse ist das Auslaufen der Consolen in den Seitenschiffen mit-
unter in ein abwärts gebogenes Horn, da diese Form auch bei der Sebaldus-
kirclie in Nürnberg vorkommt. Das Mittelschiff wird von außen durch, über die
einst mit einem Giebelkranz gezierten Strebepfeiler der Abseiten, ausspringende
Strebebögen gestützt, was dem Bau eine reiche Außenwirkung verleiht.
Dimensionen: Höhe 15*20 m, Länge 39*75 m, Breite 16*12 m. Unter dem
Hochaltare befindet sich ein von außen zugängliches, von zwei achteckigen Pfeilern
getragenes Gewölbe, als Beinhaus des die Kirche vormals umgehenden Gottesackers.
Der an der Nordseite der Kirche befindliche spätgothische Zubau ist eine
Schöpfung des 15. Jahrhundertes, nicht minder die zu dem Glockenthurme an der
Aussenseite führende Wendeltreppe, welche die Jahreszahl 1469 zeigt. Die zwei
Seitenkapellen der Kirche an der Westseite des Querschiffes dürften vom Jahre
1621 stammen, in welchem Jahre Schlossbaumeister V. Khaut an einer Kapelle
Jbaute. Über der Vierung erhebt sich der zuerst viereckige, alsbald aber ins Acht-
eck übergehende Thurm, mit einem steinernen Helm überhöht 6860 m hoch
(vom Fußboden der Kirche), welcher am Übergange vom Viereck ins Achteck einen
hübschen Schmuck von Spitzthürmchen und Riesen zeigt. Vom Hausrath der Kirche
verdient vor allem der hübsche Renaissancebau des Hochaltares mit seinen mittel-
alterlichen Sculpturen von hohem Kunstwerte genannt zu werden. Diese Holz-
schnitzwerke umfassen ein großes Kreuzbild des Erlösers, auf dessiniertem Gold-
grunde und die Statuen der h. Jungfrau und des h. Johannes mit reicher Draperie
und von edlem Ausdrucke. Auch die beiden großen Altarleuchter, Nürnberger Arbeiten
von 1605, dürfen als Meisterstüke des Messinggusses nicht übersehen werden.
Von den Glocken stammt die älteste von Rudolf Otto von Liechtenstein und
zeigt in Minuskelinschrift die Jahreszahl 1376, aus gleicher Zeit stammt noch eine
kleinere Glocke. Die größte Glocke ist vom J. 1649 und hat die Inschrift: Im
Namen Gotes Bin Jch. Geflossen, David Polster zu Villach Goss Mich zuMverau;
zwei kleine Glocken stammen von 1818 und 1882.
Grabmäler in und außer der Kirche: Des Herrn Achatz von
Liechtenstein f 21. Februar 1516 und seiner Gemahlin Anna geb. von Traun
t 2. Februar 1514, des Rathsbürgers Hans Trapp f 1541, Hans Schmelzer, f 1546,
Martin Urlsperger f 1551 etc., dann Christina, Tochter des Otto Heinrich von
Berndorf, hochfürstl. Salzburgschen Pfandinhabers und Pflegers zu Pairdorf, f 1620.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918