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5 1 0 Die Krakau.
den Hügelrückens in den sogenannten Frauenhain, eine ausgedehnte Anlage
in schattigem Hochwald, welche einzelne Baumriesen zieren.
Das zierliche Leonhards-Kirchlein im stillen Waldesfrieden soll 1440
von Nicolaus II. von Liechtenstein erbaut worden sein. Und was da von
einem gar verständigen Meister des Baues geschaffen wurde, ist uns in
aller Reinheit überliefert worden. Ein einschiffiger Bau von 28 m Länge
und 8*80 m Breite im Schiffe, im Chore durch das Dreieck abgeschlossen,
aber in allen Theilen reich ausgebildet. Ein Rautengewölbe überspannt den
schlanken Bau, welchen nur ein kleines Glockenthürmchen überragt. Hohe,
breite, im Chore auf der Südseite sogar zweipfostige Fenster erhellen die
schmucke Kirche, die prächtige Musikempore mit der durchbrochenen
Brüstung, schöne steinerne Mensen der Altäre und gothische Kännchen-
nischen nächst den Altären, sowie die von Consolen in Form von Köpfen
und Heiligen-Baldachinen ununterbrochenen Dienste im Chore, zieren
besonders den Bau, dessen architektonische Glieder sämmtlich in Haustein
ausgeführt sind. Am ersten und dritten Pfeiler finden sich große Renais-
sancealtarbauten des 17. Jahrhundertes mit vier gothischen Statuen in
den Blenden. Auch der Rest alter Glasmalereien und der gothische Beschlag
der Sacristeithür verdienen Beachtung. Die Außenseite der Kirche zeigt
abermals die Lust des Baumeisters, den Bau zu zieren, indem die Strebe-
pfeiler, welche über dem Kaffgesimse zu einer Fiale zweimal umsetzen und
am Chore mit Giebel, Kletterlaub und Kreuzblumen geziert erscheinen,
reicher ausgestattet sind.
4. Zwischen dem Leonhardiberg und dem Frauenhain schäumt der
sogenannte Schiattingbach in zahlreichen Cascaden aus enger Waldschlucht
hervor, und zieht ein anmuthiger Bachweg im Schatten von dichten Gebüsch-
gruppen dem rauschenden Wässerlein entlang.
5. Wer von Norden das Landschaftsbild von Murau betrachten will,
wird keinen günstigeren Standpunkt finden, als die sogenannte Stephanie-
warte, welche man auf bequemem Serpentinenweg in etwa 25 Mtn. erreicht.
Der Weg zweigt links bei der an der Straße nach St. Egyden liegenden
Kapelle ab und zieht die Waldlehne hinan zu einer eingefriedeten Felsen-
kanzel. Von hier interessanter Blick auf Murau, im Vordergrund die hoch-
ragende St. Annakirche und das Kapuzinerklösterlein, im Hintergrunde der
Leonhardiberg mit dem gothischen Kirchlein und der Burgruine Grünfels,
dazwischen die alte Stadt von der Mathäuskirche und zu höchst vom
Schlossbaue überragt.
6. Zum Kögelhoffa l l . Ö. außer der Stadt, nächst dem Kapuziner-
kloster. r. längs der Mur hinwandernd, erreicht man in etwa 15 Mtn. eine
über den Kögelhoffall der Mur hinziehende Brücke. Von derselben genießt
man einen prächtigen Blick auf den hohen Fall der Mur, deren Wasser-
massen donnernd in die Tiefe stürzen. Gegen 7 Uhr abends passieren
meist die von Predlitz kommenden Flösser den Fall, und gewährt die Fahrt
der Flösse durch die Stromschnellen und den Fall ein sehr interessantes
Schauspiel.
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918