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St. Lambrecht. 561
Nach dem Tode Abt Johanns, 1591, machte sich aber der Geist des Luther-
thums auch zu St. Lambrecht mit aller Macht fĂĽhlbar und nach kurzer Zeit schon
resignierte Johanns Nachfolger Abt T h o m a s (1591—1596) auf die Leitung des
Stiftes, welches nur mehr zehn alte Mönche zählte.
Nicht besser ergieng es dem nächsten Abt Christopherus Kirchmesser,
einem Fremdling, welcher schon nach 1(4 Jahren die Inful niederlegte, worauf
St. Lambrecht auf kurze Zeit von Admont verwaltet wurde, bis dem Stifte in der
Person des Abtes von Garsten, M a r t i n A l o p i t i u s , wieder ein energisches
Oberhaupt erstand, welcher in nur dreizehnjähriger Regierungszeit (1600—1613)
sich den Ruf eines zweiten GrĂĽnders des Stiftes erwarb.
Dieser grĂĽndete sich ebenso sehr auf die Besserung der wirthschaftlichen
Verhältnisse, als auf die Hebung der klösterlichen Disciplin.
Sein Nachfolger war ein Rheinländer, J o h a n n H e i n r i c h S t a t t f e l d von
Kochern (1613—1638). Unter dessen Regierung kamen von St. Lambrecht aber-
mals vier Conventualen als Ă„bte nach anderen Stiften; weiters wurden in dieser
Zeit der schöne Hochaltar in der Stiftskirche errichtet und unter demselben die
Priestergruft, sowie die an die Stiftsanlage anstoßenden Ökonomiegebäude erbaut.
Ein glänzendes Denkmal setzte sich der folgende Abt B e n e d i c t P i e r in (1638
bis 1662) durch den von seinem Landsmanne D o m i n i co S c i a s s i a ausgefĂĽhrten
herrlichen Stiftsneubaii, den 1660 aneli Kaiser Leopold besichtigte, und Umwand-
lung der alten gothischen Kirche zu M a r i a - Z e l l in einen glänzend decorierten
Barockhau von großartigen Verhältnissen.
Zu diesen mächtigen Bauten kommen der Bau der Kirche zu Köflach und
des Schlosses St. Gotthard bei Graz und der Umbau der Facade der Stiftskirche,
welche Bauten jedoch bald das Stift mit einem Schuldenstand von ca. 600.000 fl.,
eine damals ganz riesige Summe, belasteten.
1652 reiste Abt Benedict nach Rom, um hier mehrere WĂĽnsche des Kaisers
durchzusetzen.
Diesem hochgebildeten Abte folgte der nicht minder baulustige Abt F r a n z
v o n K a l t e n h a u s e n (1662—1707), in dessen Regierungsperiode der Bau des Gast-
tractes des Stiftes 1680, des Präpositurgebäudes zu Aflenz 1693, die Errichtung
des berühmten Hochaltars zu Maria-Zell nach den Plänen Fischers von Erlach
im Kostenbetrage von 145.000 fl., der Bau des Schlosses zu Piber und 1704 des
geistlichen Hauses zu Maria-Zell fallen ; er machte St. Lambrecht zur Stätte einer
berĂĽhmten philosophisch-theologischen Lehranstal t 1683, und zu keiner Zeit ent-
sandte das Stift bedeutendere Schriftsteller und Gelehrte an andere Stifte und
Schulen, als zu dieser Zeit (P. Benedict Pettschacher, f 1701, Hyacinth Peri
t 1713, an die Salzburger Benedictiner-Universität, Maurus Liechtenheim, Basilius
Finkeneis, Chilian Werlein und Anton Stroz).
1677 erzielte dieser Abt durch Vermittlung des Erzabtes von Monte Casino
die Ăśbertragung der Privilegien dieser Abtei an St. Lambrecht, auch fĂĽr den Fall,
dass sie in Monte Casino erlöschen würden.
Im J. 1683 musste das Stift zum allgemeinen Landesaufgebot 312 Mann
aufbringen und mit Untergewehr versehen.
Von groĂźer Bedeutung fĂĽr die Stiftsgeschichte wurde abermals Abt Chilian
Werlein (1725 — 1737), welcher die prächtige Prälatur, die Josefskapelle, die Kanzel
in der Stiftskirche und den silbernen Altar in der Gnadenkirche zu Maria-Zell
mit einem silbernen, innen vergoldeten Tabernakel im Werte von 65.000 fl. (wozu
die FĂĽrst in Montecuculi 26.000 fl. opferte) errichtete.
Dieser Abt erwarb auch mit Kaufvertrag vom 23. Juni 1731 von Graf Johann
Josef Wildenstein um 24.000 fl. den sogenannten Lambrechter Hof in der Pauliis-
thorgasse in Graz, welcher nach Aufhebung des Stiftes 1786 von Kaiser Josef zu
Krankenhauszwecken bestimmt wurde. — Gemäß den Traditionen des Stiftes ent-
sandte auch dieser Abt seine talentiertesten Cleriker zur höheren Ausbildung an
fremde Hochschulen und nach Rom. Einen der glänzendsten Repräsentanten fand
das Stift in dem nun folgenden Abte Eugen Graf Inzaghi (1737—1760).
Unter diesem kunstsinnigen Abte entstanden der reichst decorierte groĂźe
Conclave-Saal, eine umfangreiche Münzensammlung (später von Kaiser Franz um
Krauss, Die eherne Mark. 36
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918