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5 6 2 St. Lambrecht.
18.224 fl. erworben), ein Kunstcabinet und eine Bildergallerie, sowie die Statuen
und MarmorsĂ€ulen nĂ€chst dem Portale der PrĂ€latur, weiters die groĂe Orgel in
Maria-Zell im KostenbetrÀge von 30.000 fl.
Infolge der vielen Kriegssteuern, welche namentlich auch den Maria-Zeller
Kirchenschatz in Anspruch nahmen, suchte Abt Eugen durch industrielle Unter-
nehmungen das Stiftseinkommen zu erhöhen und errichtete er das Gusswerk zu
Maria-Zell, wozu Maria Theresia am 8. MĂ€rz 1742 den Consens gab, weil der
Abt in diesem Jahre dem Staate 50.000 fl. âprĂ€stiert" hatte. Diese 50.000 fl. bil-
deten die Summe, mit welcher der Abt den zu Steuerzwecken bestimmten Maria-
Zellerschatz auslöste.
Als 1746 eine allgemeine Kopfsteuer ausgeschrieben wurde, belief sich die
Gesammtzahl der Stiftsunterthanen auf 16.679 Personen, darunter 750 stiftische
Beamte und Dienstleute.
Abt Eugen folgte B e r t h o l d S t e r n e g g e r a l s l e t z t e r A b t (1760 bis
1786). Noch erfreute sich das Stift an der Auszeichnung, Papst Pius VI. auf
seiner Reise nach Wien, im Lambrechter Hofe zu Graz beherbergen zu können;
bald darauf erfolgte jedoch das verhÀngnisvolle Decret vom 4. JÀnner 1786 Kaiser
Josefs, bezĂŒglich der Stiftsaufhehung, welche am 14. Februar in Graz dem Abte
eingehÀndigt und am 14. MÀrz in St. Lambrecht veröffentlicht wurde.
Der Personalstand des Stiftes betrug 93 Personen.
Der Abt erhielt eine Pension von 1460 fl., die ĂŒbrigen Conventualen 300 fl.,
insoferne sie nicht auf den Stiftspfarren als Seelsorger verblieben.
Rasch wurde nun der in Jahrhunderten angehÀufte, kostbare Haus- und
Kirchenrath mit allen Kunstwerken in alle Winde zerstreut. Die interessante
RĂŒstkammer mit reicher Waffensammlung wurde um 450 fl. als altes Eisen ver-
kauft , die Bildergalerie aufgelöst, die Bibliothek an die Grazer UniversitÀt und
Wiener Hofbibliothek gesandt. Ein groĂer Theil der wertvollen KirchengerĂ€the
von St. Lambrecht und Maria-Zell wanderte in das kaiserliche Schmelzamt, wofĂŒr
dem Kirchenfond von Maria-Zell 9000 fl. und jenem von St. Lambrecht 7000 fl.
gutgeschrieben wurden. Die âalten Scharteken" auf den Stiftspfarren wurden da-
selbst belassen, â w e i l d i e F r a c h t k o s t e n d e n R e l i g i o n s f o n d z u s e h r
b e s c h w e r t h À t t e n " .
Von der Aufhebungscommission wurde eine reich mit Edelgestein gezierte
kostbare Monstranze und 20 Reliquiarien und mit Gold, Perlen und Edelgestein
besetzte MessgewÀnder mitgenommen.
Wie bedeutend der Kirchenschatz von Maria-Zell war, geht aus dem
SchÀtzungsprotokolle von 1785 hervor, welches denselben auf 332.000 fl. bewertet.
Der SchÀtzungswert des gesammten landtÀflichen Stiftseigenthums betrug
nicht weniger als 1,498.355 fl., wobei das ganze herrliche, mÀchtige StiftsgebÀude
nur mit 6000 fl. und das SchlossgebÀude nur mit 1500 fl. bewertet wurde und es
keinem Mitgliede der Commission beifiel, irgend einen Kunstwert in Rechnung zu
ziehen. Die niedrige SchĂ€tzung des StiftsgebĂ€udes wurde damit begrĂŒndet, dass es
seiner Entlegenheit wegen w e d e r z u e i n e r K a s e r n e , noch z u e i n e r S t r a f -
a n s t a l t oder F a b r i k geeignet sei. Nach Abzug aller Kosten und Lasten ver-
blieb dem Religionsfonde eine Summe von 760.338 fl. 43 kr.
Die entvölkerten RÀume der ausgedehnten Stiftsanlage giengen rasch dem
Verfalle entgegen, indem nur einige, fĂŒr die wenigen k. k. Cameralbeamten und
fĂŒr die Pfarrgeistlichkeit nothwendige Zimmer erhalten wurden und das alte, den
kleinen HĂŒgel nĂ€chst dem Stifte krönende SchlossgebĂ€ude als haufĂ€llig absichtlich
dem weiteren Verfalle ĂŒberlassen und bald gĂ€nzlich abgetragen wurde.
Aber schon 1802 fasste Kaiser Franz den Entschluss, zunÀchst Maria-Zell
und daraufhin das Stift wieder herzustellen und schon am 4. October 1802 wÀhlten
die noch am Leben befindlichen Stiftsconventualen den Dechant von Maria-Zell,
R ö c k , als J o a c h i m I. zum Abte. Die Kirche Maria-Zell mit sitozelin Pfarren
wurde dem Stifte zurĂŒckgegeben, fĂŒr die Herrschaft Piber erhielt das Stift (1807)
die Herrschaft Witschein. Das Gusswerk und die Herrschaft Maria-Zell verblieben
dem Staate. â Wohl waren erst kaum anderthalb Decennien seit der Aufhebung
des Stiftes verflossen, aber sie genĂŒgten, um die FrĂŒchte eines durch Jahrhunderte
Die eherne Mark
Eine Wanderung durch das steirische Oberland, Band 2
- Titel
- Die eherne Mark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch das steirische Oberland
- Band
- 2
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- Leykam
- Ort
- Graz
- Datum
- 1892-1897
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 14.1 x 20.37 cm
- Seiten
- 613
- Schlagwörter
- Steiermark, Heimatkunde
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Geschichte Vor 1918