Seite - 99 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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prächtigem Blick auf den Wechsel; links einfache Schlosstaverne,
zwei Zimmer mit vier Betten.
Schloss Fes tenburg , y2 Stande von Demmeldorf.
Jetzt unmittelbar vor dem Schlosse stehend, sehen w'ir erst
dessen zur Verteidigung gut gewählte Lage, auf dem äussersten
Ende eines vom Wechsel niederstreichenden Höhenzuges auf
einem durch eine Einsattlung hievon getrennten, nach allen
Seiten steil abfallenden Felsgipfel. Endlich stehen wir vor
dem Thorbogen der Burg, die uns mit ihrem ausspringenden
viereckigen Thurme und dem reichlich mit Schiessscharten ver-
sehenen Wehrgange drohend entgegenblickt. Kaum haben wir
aber die Schwelle der Burg überschritten, so prallen wir auch
schon wieder schaudernd zurück vor dem grausen Anblick
der Statue der heiligen Katharina, die uns den blutigen
Stumpf des abgeschlagenen Halses entgegenstreckt, während das
LIaupt in der Luft darüber baumelt. Wir stehen in dem engen
Burghofe, wo eine geisterhafte Ruhe herrscht, nur ein laufender
Brunnen murmelt sein eintöniges Lied, endlich regt sich langsam
eine menschliche Gestalt, es ist der Messner, der uns flüsternd
um unser Begehr fragt und uns sodann in beschaulicher Einfalt
in die Misterien der Burg einführt. Aller Wahrscheinlichkeit nach
von dem gleichnamigen Geschlechte, von welchen 1168 ein
Weichard v. Vestenburg erscheint, erbaut, kam die Burg später
an die Montfort und Saurau, und 1616 an das Stift Vorau, wozu
sie noch heute gehört. Der Zugang zur Burg war durch fünf
Thore und Bollwerke stark vertheidigt und widerstand 1529
der Belagerung durch die Türken, an welche noch die am
Thore eingemauerten steinernen Kugeln erinnern. Aber einmal
in Besitz des Stiftes Vorau gelangt, machte die mittelalterliche
Burgveste, die bei drohender Kriegsgefahr eine Zufluchtsstätte
für das Kirchberger Nonnenkloster bilden sollte, eine merk-
würdige Umwandlung zur Kirche, umgeben von vielen Passions-
kapellen, mit, und zwar 1707 begonnen unter Probst Phillipp
Leisl, 1723 vollendet unter Franz Sebastian Graf Webers-
berg. Aber nicht diese bauliche Umgestaltung hat den Ruf der
Festenburg begründet, sondern deren herrliche Ausschmückung
durch Hackhofer.
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918