Seite - 118 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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wappen bildet. Unter diesem Propste litt das Stift zum erstenmale
durch die Auflage einer sogenannten Türkensteuer zur Befestigung
der Grenzorte und namentlich des Grazer Schlossberges. Dabei
musste mit Rücksicht auf die Einfälle der Ungarn unter Mathias
Corvinus auch an die Verstärkung der Wehrbauten des Stiftes
ge-dacht
werden, und wurden, 1458, die alten Befestigungen durch
An-lage
von Schanzgräben und Wällen sowie von vier Thürmen wesentlich
vervollkommnet, so dass 1487, als der Sohn Andreas Baumkircheis,
Wilhelm (Peinkircher), als Kriegsoberst Mathias Corvinus' Hartberg
besetzt und das ganze Vorauer Viertel entsetzlich verwüstete, das
Stift unversehrt blieb. Um jedoch allen Gefahren vorzubeugen und
die Stiftsunterthanen vor Tod und Plünderung zu schützen, zahlte
das Stift wiederholt sogenannte Brandschatzungen an Corvinus. In
den Jahren 1477, 1478 und 1480 verheerten Heuschreckenzüge die
Gegend um Vorau, wodurch das Stift neuerlich Schaden erlitt-,
Leon-hard
starb am 29. October 1493. Von seinen nächsten Nachfolgern
ist wenig zu sagen. Unter dem im Jahre 1507 erwählten Propste
Koloman wurden die Vorauer Pröpste zu Visitatoren der
Domini-canerinnen
in Graz ernannt, weiters erhielt der Markt Vorau vom
Kaiser Maximilian, 1517, das Privilegium zweier Jahrmärkte am
1. Mai und 14. September mit fürstlicher Freiung und das Stift
unterm 10. October 1517 das Hals-, Pann- und Blutgericht mit Stock
und Galgen. Unter seinem zweiten Nachfolger Propst Stefan Fellner
brachen in Folge der grossen Türkeneinfälle von 1529 und 1532
sowie der Reformationswirren schlimme Zeiten über das Stift herein.
Der vierte Tlieil aller beweglichen Güter und alle Gold- und
Silber-gefässe
des Stiftes und der incorporirten Pfarren mussten als
Kriegs-steuer
abgetreten und viele stiftische Aemter und Zehente verkauft
werden. Ebenso lockerte sich mehr und mehr die Ordensdisciplin und
neigten viele Chorherren entschieden zum Lutherthume hin. Widerriefen
auch bei der Visitation am 5. Mai 1528 die Anhänger, der
Reformations-bestrebungen
ihr Bekenntnis;, so scheinen sie damit wohl nur mehr
äusserlich einer Zwangslage sich unterworfen zu haben, denn das
Stift entvölkerte sich demungeacbtet rapid, so dass 1539 nur mehr zwei
Chorherren und 1545 gar nur mehr ein Chorherr im Stifte waren.
Erst mit dem aus dem Chorherrenstifte Berchtesgaden
ent-nommenen
Propste Johann Benedict Perfall (1593) tritt
wieder ein eifriger Reorganisator der wirtschaftlichen und internen
Ordensverhältnisse auf. Perfall verstärkte im Vereine mit dem
Propst des Pöllauer Chorherrenstiftes die militärische Bedeckung
der Gegenreformationscommission, die im Mai 1GOO die
österrei-chische
Steiermark durchzog, auf Stiftskosten, von 100 auf 800 Mann
und stellte die Ordensdisciplin im Stifte wieder her, andererseits
vermehrte er die Bibliothek des Stiftes durch Erwerbung wichtiger
Druckwerke und Handschriften. Weiters war die neue Ausstattung
der Kirche mit Silbergefässen, die Vollendung des Glocke nthurmes
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918