Seite - 119 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
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und der Ankauf des Schlosses Klaffenau hei Hartberg das Werk
dieses Propstes. Nahezu noch wichtiger gestaltete sich die
Thätig-keit
seines Nachfolgers Daniel Gundau aus Havelberg in
Brandenburg, welcher der zweite Gründer des Stiftes genannt
wird. Unter dessen Regierung erwarb das Stift die Herrschaften.:
Festenburg 1616, Liebenau bei Graz 1620, Friedberg 1635, sowie
das Dürerische Haus in der Raubergasse in Graz (den Vorauerhof)
den Münichhof bei Hartberg und viele Weinzehente. Im Jahre 1619
führte Gundau das Vorgebäude des Stiftes und später das
Clausur-gebäude
auf. Unter seinem Nachfolger Mathias Singer, einem
gebürtigen Vorauer 1649—1662, erfolgte der Neubau der Stiftskirche,
und 1654 die Erwerbung der Herrschaft Peckau. Unter seinen nächsten
zwei, wenig bedeutenden Nachfolgern Johann Michael Toll, einem
Elsässer, und Georg Christoph Pratsch aus Völkermarkt in Kärnten,
litt das Stift wieder viel durch Kuruzzen-Einfälle und Türkensteuern,
Dagegen erlebte das Stift unter dem kunstsinnigen Propste Johann
Philipp Leisl, einem gebornen Grazer, wieder eine schöne
Bltithezeit. Er hielt mustergiltig die Ordensdisciplin und bewog
da-durch
viele Adelssprossen zum Eintritt in das Stift. Er führte die
östliche Seite des Prälaturgebäudes auf, vollendete das Vorgebäude
und den Thorthurm und veranlasste die künstlerische
Ausschmü-ckung
der Stiftskirche und den Umbau der Festenburg zu
Passions-kapellen,
in welchen sich Hackhofer durch seine Fresken ein
unver-gleichliches
Denkmal gesetzt hat. Unter der Regierung Leisl's fallen
auch die letzten Kuruzzen-Einfälle von 1704, 1707 und 1708.
Diesem eifrigen und kunstsinnigen Propste folgte 1717 Graf
Franz Sebastian Webersberg, welcher gleichfalls im Stifte
und in den incorporirten Pfarren grosse Bauten ausführte, so
voll-endete
er das Prälaturgebäude durch Ausbau des nördlichen und
westlichen Flügels, worauf das früher vor der Kirchenfront gelegene
alte Prälaturgebäude demolirt wurde. Weiters erfolgte unter der
Regierung dieses Propstes der Bau des durch zwei Stockwerke
füh-renden
herrlichen Bibliotheksaales im nördlichen Flügel
des Prälaturgebäudes, dann des Gartenpavillons zur Ausübung freier
Künste (1721), mehrerer Pfarrhöfe und der Pfarrkirche zu
Wenig-zell
(1735) und der Filialkirche in der Pinggati.
Sein Nachfolger Propst Lorenz Leitner, von Friedberg
ge-bürtig,
1736 — 1769, Hess die schönen Bibliothekschränke (1767)
anfertigen; unter seiner Regierung zeichneten sich mehrere
Chor-herren
durch hervorragende literarische Thätigkeit aus, so
nament-lich
der „Vater der vaterländischen Geschichte" Aquilinus
Julius Cäsar, der berühmte Verfasser des ausgezeichneten
Quellen-werkes
Annales Ducatus Styriae. Diesem Propste folgte Franz
Sales I., Baron Tauferer, ein geborner Krainer, dessen Regierung
in die stürmische Zeit der Josefinischen Reformationsbewegung und
der welterschütternden Epoche Napoleons 1. fiel. Die Zahl der Stifts-
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918