Seite - 120 - in Die nordöstliche Steiermark - Eine Wanderung durch vergessene Lande
Bild der Seite - 120 -
Text der Seite - 120 -
— 120 —
mitglieder begann rapid zu sinken, so dass anfangs des 19.
Jahr-hunderts
nur drei Chorherren im Stifte waren, und in gleicher Weise
minderte sich der Wohlstand des Stiftes, ja selbst die einst so
reichhaltige Rüstkammer des Stiftes leerte sich in dieser Zeit. Im
Jahre 1778 errichtete dieser Propst eine dreiclassige Hauptschule
und rettete dadurch das Stift vor der Aufhebung. Im Jahre 1783
wurde die Pfarre vom Markte wieder in das Stift verlegt und 1786
kam Vorau, welches bisher zum Erzbisthum Salzburg gehörte, an
das Bisthum Seckau. Propst Sales I. starb am 11. Mai 1810; ihm
folgte Franz Sales II. Knauer, aus Mureck gebürtig, früher Pfarrer
zu St. Lorenzen am Wechsel, ein tüchtiger Oekonom, der sich auch
um die Hebung der Ordensdisciplin verdient machte. Er förderte
lebhaft das Studium der Naturwissenschaften und legte den Grund
zu den Natur- und kunsthistorischen Sammlungen des Stiftes. Im
Jahre 1812 eröffnete er ein vierclassiges Hausgymnasium und ein
Knabenalumnat. Diesem Propste folgte 1837 Gottlieb
lversch-baumer,
nächst Vorau geboren, ein bedeutend angelegter Mann. Er
hielt strenge Ordenszucht unter reger Förderung der gelehrten
Stu-dien.
Im Jahre 1842 löste er das von seinem Vorgänger errichtete
Hausgymnasium auf. Die Folgen des Jahres 1848 und namentlich
die Aufhebung von Zehent und Robot schwächten empfindlich die
Einkünfte des Stiftes und vereitelten dadurch manche weitreichenden
Pläne dieses Propstes.
Ihm folgte, 1862, Eusebius Rössl, ein geborner Vorauer, doch
resignirte dieser Propst in Folge Siechthums schon nach zwei
Jahren. Hierauf wurde der derzeit regierende 50. Propst Isidor
Allinger, geboren zu Preding, Pfarrvicar in Waldbach, am 21.
No-vember
1866 gewählt, der auch durch längere Zeit das
Landtags-mandat
für den Wahlbezirk Hartberg besass. Als tüchtiger Oekonom
vermehrte er wesentlich den Stiftsbesitz und führte 1879 mit
be-deutenden
Kosten die gänzliche Restaurirung der Kirche durch.
Sehenswürdigkeiten des Stiftes: Im Hofe des
Clausurgebäudes schöner Brunnen mit zierlicher schmiedeiserner
Laube. Neuer Capitelsaal im 2. Stock des Clausurgebäudes,
1708 von Hackhofer mit Fresken, die Glaubenskämpfer aus
dem Orden der Chorherren darstelllend, geschmückt, und den
Bildnissen der Stifter des Klosters, einiger Erzbischöfe von
Salzburg und der römischen Kaiser Rudolf I. und Friedrich IV.
Prälaturgebäude mit dem prächtigen, durch zwei Stockwerkc
reichenden Bibliotheksaal 1767 vollendet.*)
Bibliothek. Betritt man dieselbe vom Corridor des ersten
Priilaturgeschosses, so gelangt man in den sogenannten Manu-
*) Vorzügliche photographische Aufnahmen des Bibliothekssaales, der Kanzel,
der Sakristeigemälde, der Stiftsgebäude etc. , sind beim k. k. Hof - Photographen
L e o p o l d B u d e , Graz, Alleegasse, zu bekommen.
Die nordöstliche Steiermark
Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Titel
- Die nordöstliche Steiermark
- Untertitel
- Eine Wanderung durch vergessene Lande
- Autor
- Ferdinand Krauss
- Verlag
- -
- Ort
- Graz
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 10.93 x 17.9 cm
- Seiten
- 498
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918